"Sekundenglück" für alle Grönemeyer begeistert bei zwei Konzerten in Köln

Köln · Herbert Grönemeyer begeistert zweimal 16.000 Fans in der Kölner Lanxess-Arena. Bei „Bochum“ stehen alle in der Arena auf und singen im Chor.

 Liebeserklärungen an die Fans: Herbert Grönemeyer in Köln.

Liebeserklärungen an die Fans: Herbert Grönemeyer in Köln.

Foto: Thomas Brill

Es ist stockduster, als Herbert Grönemeyer seinen vorläufigen Platz am Mikrofon vor der Band einnimmt. Da hält es ihn nicht lange. Er hüpft den Laufsteg entlang, er muss alle Menschen, die ihm zujubeln, begrüßen. Das ist „Sekundenglück“. Grönemeyer braucht keine Aufwärmphase. Er überträgt „grenzenlose Glückseligkeit“ auf die je 16.000 Zuhörer in der Lanxess-Arena. Das an zwei Tagen. Er motiviert sich mit geballter Faust. Nichts geht an diesem Abend schief – außer bei „Flugzeuge im Bauch“, da ist die Batterie seines Kopfhörers defekt. Auch das kriegt er mühelos hin.

Die ersten vier Stücke kommen von seinem neuen Album „Tumult“, dessen Cover in übergroßen Bildern auf die Leinwand projiziert wird. Er wird davon elf Stücke spielen. Ein Wagnis, das nicht jeder eingeht. Grönemeyer weiß auch, wie man ein Konzert dramaturgisch inszeniert. Bei „Bochum“ stehen alle in der Arena auf und singen im Chor „Bochum, ich komm' aus dir, Bochum, ich häng' an dir.“

Ein Mann wie „du und ich“

Es gibt eine Studie, die besagt, was eigentlich der Garant seines Erfolges ist. Es sind seine Tanzmoves und seine Optik. Nur drei Prozent macht die Musik aus, fünf Prozent finden seine Texte gut. Das will er mit „Männer“ unterstreichen. Großer Beifall. Was ist besser, die optische Präsentation, der Text oder die Musik?

Sein Aussehen ist eher unauffällig. Schwarzer Anzug, schwarzes T-Shirt – später Schlabbershirt und Windjacke – und dazu weiße Turnschuhe. Das tragen die wenigsten Zuschauer, die in seinem Alter sind. Trotzdem wirkt er wie ein Mann wie „du und ich“. Nicht jeder findet die Worte und Metaphern, die Gefühl und Betroffenheit auf einem Punkt verdichten. Er kriecht in Melancholie hinein, ohne sich darin zu verlieren. Es ist ein tiefes Versinken in einen Zustand, der das Besondere empfinden lässt: „Sekundenglück“. Er ist Optimist. Er hat 2016 wieder geheiratet und seiner Frau, Josefine Cox, mit „Mein Lebensstrahlen“ eine der schönsten Liebeserklärungen geschenkt. Und er ist ein Mann mit Haltung. Mit Rapper BRKN singt er ein orientalisch angehauchtes „Doppelherz/Iki Gönlum“. Im „Fall der Fälle“ zeigt er Populisten die Rote Karte. Ein „Virus, der sich in die Gehirne frisst“. „Jeder Geisteskrampf wird ganz einfach mal gesagt.

Ein Stück vom Himmel

Es wird gejagt ohne Moral.“ Mit einer Ballade („Morgen“) beendet er den ersten Teil des Abends. Aber der Abend ist noch lange nicht zu Ende. Es folgen drei Zugabenblöcke. „Der Weg“ erinnert er an seine verstorbene Frau Anna: „Es war ein Stück vom Himmel, dass es dich gibt.“ Das folgende Stück „Flugzeuge im Bauch“ kündigt er spitzbübisch an. Beim Berliner Flughafen der BER habe man ihm für jede Note einen Euro angeboten. Das muss man annehmen. In einer jazzigen Version übernehmen Tausende von Kehlen den Refrain. Nach fast drei Stunden setzt er sich ans Keyboard. Mit Hocker, endlich ruhig! Eine letzte Ballade „Immerfort“ vom neuen Album. Ein großer Moment. Sekundenglück eben!

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