Vor der Premiere Gesang an die Sonne

Bonn · Die Regisseurin Laura Scozzi im Gespräch über Philip Glass' Oper „Echnaton“, die sie in Bonn inszeniert.

 Opernregisseurin und Choreografin: Laura Scozzi bei den Proben zu Philip Glass' „Echnaton“.

Opernregisseurin und Choreografin: Laura Scozzi bei den Proben zu Philip Glass' „Echnaton“.

Foto: Thilo Beu

In ihrer Inszenierung von Hector Berlioz Oper „Benvenuto Cellini“, die Ende 2015 ihre Bonner Premiere feierte, fiel auf, dass die Regisseurin Laura Scozzi einen ausgeprägten Hang zum Humor besitzt. Sie setzte Pointen selbst da, wo Berlioz sie bestimmt nicht vorgesehen hatte. Jetzt ist sie wieder in Bonn, um die 1984 in Stuttgart uraufgeführte Oper „Echnaton“ des US-amerikanischen Komponisten Philip Glass zu neuem Bühnenleben zu verhelfen. Doch diesmal wird es wohl nichts zu lachen geben. „Nein, diese Musik bietet keine Möglichkeit für das Komische“, meint die in Mailand geborene Künstlerin. „Diese Musik hat eine zu große Tiefe.“

„Echnaton“, oder „Akhnaten“, wie das Werk in der Schreibweise des Komponisten eigentlich heißt, ist eine der drei großen Porträt-Opern Glass' aus den 1970er und 1980er Jahren neben „Einstein on the Beach“ und „Satyagraha“ (über Gandhi). Uraufgeführt wurde diese aufsehenerregende „Stuttgarter Trilogie“ durch Bonns späteren Generalmusikdirektor Dennis Russell Davies.

„Man muss Echnaton im Zusammenhang mit diesen anderen beiden Werken sehen“, sagt sie. Er habe drei außergewöhnliche Männer zeichnen wollen, die „relativ friedlich große Veränderungen in der Welt herbeigeführt haben“. An Echnaton, dessen Regierungszeit mehr als 3300 Jahre zurückliegt, findet sie besonders spannend, dass er den Monotheismus einführte. Sie weist darauf hin, dass Glass historische Texte verwende, Gebetstexte etwa oder Texte aus dem ägyptischen Totenbuch und natürlich den berühmten „Großen Sonnengesang“ des Echnaton. „Er verwendet diese Texte, ohne eine Wertung vorzunehmen, doch wenn man der Musik zuhört, gibt es doch zum Teil starke Reibungen. Man hört, dass es doch nicht ganz so friedlich zugeht.“

Scozzi geht es in ihrer Inszenierung nicht darum, mithilfe der Musik ein historisches Bild von Echnaton zu transportieren. Sie will „das Menschliche“ der Geschichte herausarbeiten. Dafür hat sie eine eigene parallele Handlung erfunden. Im Mittelpunkt steht ein junges Mädchen: Marie, die in ihrer Schulklasse etwas verloren wirkt. Eines Tages wird im Unterricht der ägyptische Herrscher Echnaton durchgenommen. „Das wird für sie zu einem Offenbarungserlebnis, und sie findet zum Glauben.“ In einer Szene gibt Echnaton ihr ein Buch, und sie beginnt den Text so zu interpretieren, wie es ihr gerade passt. Genauso wie Texte der Bibel und des Koran immer auch unterschiedliche Auslegungen finden. „Darin sehe ich eine große Gefahr der monotheistischen Religionen“, sagt sie.

Für Scozzi ist Glass' „Echnaton“ aber aus einem weiteren Grund interessant. Die Regisseurin kommt ursprünglich vom Tanz her und ist auch Choreografin. Das Prinzip der unaufhörlichen Wiederholung und kaum merklichen Variierung der Musik besitzt nicht nur eine rituelle Anmutung, sondern auch eine tänzerische. In ihrer Inszenierung repräsentieren die Tänzer die Schulklasse, die man sich nicht auf einem Elite-Internat vorzustellen hat, sondern in der Vorstadt. In der Oper, so hat Scozzi den Eindruck, ist der Tanz oft nur aufgesetzt, ein Sahnehäubchen, das man genauso gut weglassen könnte. Hier aber sieht sie die Chance, den Tanz essenziell und dramaturgisch überzeugend einzubinden. „Die Tänzer müssen als menschliche Wesen in der Handlung integriert sein.“

Sonntag, 11. März, 18 Uhr, Oper Bonn (Premiere): „Echnaton“, Oper von Philip Glass, mit Benno Schachtner, Susanne Blattert, Marie Heeschen, Giorgos Kanaris u.a., Beehoven Orchester, Chor der Oper Bonn, Stephan Zilias (Dirigent), Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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