Buchtipp: "Tu es!" Gerhard Scheuchers Buch fordert Zivilcourage

Bonn · Gerhard Scheuchers Buch „Tu es!“ ist ein Appell an die Zivilcourage. Eine Zeichnung des Bonner Karikaturisten Burkhard Mohr ziert das Cover.

 Der Karikaturist Burkhard Mohr hat das Cover gestaltet.

Der Karikaturist Burkhard Mohr hat das Cover gestaltet.

Foto: Mohr

„Ich musste früher immer mit dem Kopf durch die Wand. Heute verfüge ich schon über die Kompetenz, in der Mauer die Türe zu sehen“, ganz schön schlagfertig, der Autor. Gerhard Scheucher, 1966 im österreichischen Köflach geboren, war gut in Form, als er „Spiegel online“ ein Interview über das Scheitern gab und Sätze raushaute wie diesen: „Es sollte viel hemmungsloser gescheitert werden! Wir müssen es immer wieder zum Thema machen, eine kleine Scheiterrevolution vom Zaun brechen! Rückschläge sind doch Teil der Erfolgsgeschichte.“ Mit seinem Lebenshilfebuch „Die Kraft des Scheiterns“ und dem Nachfolgeband und Erfolgsratgeber „Die Aufwärtsspirale“ hat sich der „Strategieberater“ (Klappentext) Scheucher erfolgreich in diesem Segment etabliert.

Nun erschließt er mit „Tu es!“ ein weiteres Feld von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Es geht um Zivilcourage, Engagement und Ehrenamt unter Erich Kästners Motto: „Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es!“ Das Cover von „Tu es!“ ziert eine Zeichnung des Karikaturisten dieser Zeitung Burkhard Mohr: Ein Männchen meißelt aus einem Steinquader eine Weltkugel heraus, wird kreativ und schöpferisch.

Scheuchers Buch spart nicht mit appellativen Sprüchen à la Merkels „Wir schaffen das!“ Aber wenn man den therapeutischen Jargon beiseitelässt, bleibt doch ein interessanter Kern. Denn Scheucher nähert sich dem Komplex Zivilcourage über die historische Schiene, indem er wichtige Initiativen vorstellt, von „Wegschau-Kultur“ und „Menschenpflichten“ schreibt und eine treffende Diagnose des bedenklichen Zustands unserer Gesellschaft präsentiert. Bald kommt er auf die (fehlende) Solidarität zu sprechen, schreibt über die (eigentlich vorhandene) Einsicht, etwas tun zu müssen. Erste Bereiche tun sich auf, in denen man tätig werden könnte. An diesem Punkt setzt bei den meisten Menschen das Scheitern ein, obsiegt der innere Schweinehund.

Systematisch und zielstrebig umschifft Scheuchers Buch diese kritische Phase und gibt Tipps, wie man eine Initiative gründet, eine Petition erstellt, Geld akquiriert, die Scheu überwindet, auf die Straße zu gehen, kurz: wie man zum Lobbyisten für eine gute Sache wird. Interessant ist die Passage, in der es um die Öffentlichkeit und den Umgang mit der Presse geht.

Spätestens hier begreift der Leser, dass es Scheucher nicht primär um die Ehrenämtler in kleinen Vereinen und Initiativen geht, sondern allgemein um eine aktive, engagierte Haltung in der Gesellschaft, um politisches Handeln bis zum zivilen Ungehorsam.

Scheucher gibt sich als Fan von Stéphane Hessels Streitschrift „Empört Euch“ zu erkennen. „Es ist höchste Zeit, dass Ethik, Gerechtigkeit, nachhaltiges ökologisches Gleichgewicht unsere Anliegen werden“, schreibt Scheucher, und liefert allen, die Gutes tun wollen, fast 40 Seiten Kontaktadressen.

Gerhard Scheucher: Tu es! Die Welt braucht dich. Wieser, 218 S., 19,80 Euro

Meistgelesen
Neueste Artikel
Derwisch am Piano: Iiro Rantala beim
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim JazzfestEin Porträt Venedigs am Piano
Zum Thema
August Macke, Waldrand, Öl auf Leinwand,
Der Macke vom Müll
Neue Folge des Crime-Podcasts „Akte Rheinland“Der Macke vom Müll
Aus dem Ressort