Vor der Premiere Gefangen im Datennetz

Bonn · Das Theater Bonn hat Regisseur Simon Solberg damit beauftragt, zu erforschen, was eigentlich der BND ist. Ab Donnerstag präsentiert er das Ergebnis in dem Stücke „BND – Big Data is watching you“ in den Kammerspielen Bad Godesberg

 Was macht eigentlich der Geheimdienst den ganzen Tag? Szene aus „BND“ mit Glenn Goltz.

Was macht eigentlich der Geheimdienst den ganzen Tag? Szene aus „BND“ mit Glenn Goltz.

Foto: beu

"Mehr Überwachung“ ist ein beliebtes Schlagwort der Politiker, nach der Silvesternacht 2016 in Köln ebenso wie nach all den Terroranschlägen, die in der letzten Zeit die Welt erschüttert haben. Mehr Überwachung, und damit zugleich mehr Macht für die Überwacher. Die Geheimdienste. Doch was steckt hinter diesen nebulösen Institutionen, die in den Schatten herumgeistern und alles über jeden zu wissen scheinen (außer über die echten Terroristen)? Was ist das eigentlich, der BND?

Das Theater Bonn hat Regisseur Simon Solberg damit beauftragt, dem nachzugehen – jetzt präsentiert es mit „BND – Big Data is watching you“ in den Kammerspielen Bad Godesberg das Ergebnis der Recherchearbeit.

„Es ist schon absurd, wie paradox die Überwachung gesehen wird“, sagt Solberg im Interview. „Wir nehmen sie als Bedrohung wahr, wehren uns aber nicht dagegen. Man muss sich mal überlegen, wie groß der Aufschrei bei dem Zensus 2011 war und wie wenig Protest es jetzt bei den ganzen Skandalen um den BND und die anderen Geheimdienste in der westlichen Welt gab, obwohl wir erst recht nicht wissen, wer was mit den ganzen Daten anfängt.“ Eine konkrete Antwort auf diese Frage hat auch der Regisseur nicht.

„Ich habe mich jetzt ein Jahr lang mit dem BND beschäftigt und vieles gelernt“, sagt er. „In der Schule haben wir uns damit ja nie beschäftigt, da war höchstens die Stasi ein Thema. Erst durch Edward Snowden ist mir bewusst geworden, was der BND eigentlich ist und was er darf.“ Doch unter die Oberfläche kommt man nicht ohne weiteres. „Es wäre utopisch gewesen zu glauben, dass wir mit unserem Projekt irgendetwas hätten aufdecken können. Wir sind nirgendwo weitergekommen als bis zu den frei zugänglichen Informationen. Selbst der Kontrollausschuss weiß ja nur einen Bruchteil dessen, was der BND macht, weil die meisten Akten geschwärzt sind. Mich interessiert aber ohnehin viel eher, was das Wissen – und das Nichtwissen – um den Überwachungsapparat mit uns als Menschen macht.“

Dementsprechend hat Solberg zusammen mit seinem Ensemble ein Stück entwickelt, das das Spannungsverhältnis zwischen Sicherheitsbedürfnis und persönlicher Freiheit in den Mittelpunkt stellt. „Wir erzählen die Geschichte eines Berufsanfängers, der für das in Bonn sitzende Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Hintermänner des Anschlags in Berlin ermitteln soll und sich dabei immer tiefer in ein Netz aus Geheimnissen und Verwicklungen verstrickt“, erklärt Solberg. Und öffnet dabei die moderne Version von Pandoras Box, bis an den Rand gefüllt mit Informationen. „Der permanente Umgang mit Daten über unzählige Bundesbürger lässt ihn dabei langsam paranoid werden, gerade weil er ja weiß, was alles möglich ist.“ Vielleicht ist es also gar nicht schlecht, manches im Dunkeln zu lassen? „Ich würde eher die Frage stellen, wie viel Überwachung wir wirklich brauchen“, antwortet Solberg. „Bislang hat sie auf jeden Fall noch keinen Anschlag verhindert.“ Und letztlich sollte jedem bewusst sein, dass Sicherheit schnell zum Verlust von Freiheit führen kann.

Termine: 27.4., 6.5., 11.5., 19.5., 23.5., 2.6., 14.6., 24.6., 8.7. jeweils um 19.30 Uhr in den Kammerspielen Bad Godesberg; 30.4. und 18.6. jeweils um 18 Uhr. Karten gibt es in den Bonnticketshops der GA-Gschäftsstellen.

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