Ausstellung bis Ende März 2018 GA-Karikaturen im Bonner Haus der Papierindustrie

Bonn · GA-Karikaturist Burkhard Mohr stellt im Bonner Haus der Papierindustrie Zeichnungen von Ende 2015 bis Herbst 2017 aus und spricht über Köpfe in der Politik.

 Gerupfte Republik: Burkhard Mohr und VDP-Geschäftsführer Klaus Windhagen (rechts), . FOTO: WESTHOFF

Gerupfte Republik: Burkhard Mohr und VDP-Geschäftsführer Klaus Windhagen (rechts), . FOTO: WESTHOFF

Foto: Benjamin Westhoff

Das Ende der Jamaikaträume lässt nicht nur die Politik verkatert aufwachen, auch die berufsmäßigen Chronisten, die Karikaturisten, geraten ins Trudeln. Burkhard Mohr, der für den General-Anzeiger das politische Tagesgeschäft mit spitzer Feder und Farben kommentiert, sieht schwierige Zeiten aufkommen. Auf die aktuelle Kanzlerinnendämmerung könnte das politische Aus für Angela Merkel folgen, fürchtet er.

Ein gewaltiger Schritt für Mohr, der dann die Hauptakteurin seiner Karikaturen verlöre: 2005 entwickelte die Muttifigur mit dem unförmigen roten Kleid, das anfangs geblümt war, später aus Effizienzgründen weiße Tupfen hatte. In seiner Ausstellung, die gestern Abend im Bonner Haus der Papierindustrie nach einer Einführung durch GA-Chefredakteur Helge Matthiesen eröffnet wurde, sieht man Merkel im gepunkteten Kleid auf dem Motorrad an SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz vorbeirasen, vor dem Hochsicherheitstrakt Türkei stehen und auf einem mehr als windigen Floß auf Jamaika zupaddeln.

Das alles soll nun vorbei sein? Mohr gerät in Nöte: „Es sieht dramatisch schlecht aus“, sagt er, Schulz sei schwer zu zeichnen und zu wenig markant, „nicht einmal der Seehofer hat einen echten Charakterschädel, da wünscht man sich als Karikaturist den Gerhard Schröder zurück“. Wolfgang Schäuble, den Mohr ebenfalls exzellent trifft, auch Jürgen Trittin, den er sich karikaturtechnisch gut als Kanzler vorstellen könnte, haben in den Augen des satirischen Zeichners das, was Christian Lindner und Andrea Nahles, Katrin Göring-Eckart und Cem Özdemir fehlt: einen guten Kopf. Sehnsüchtig richtet sich Mohrs Blick ins Ausland: Die britische Brexit-Queen Theresa May kommt in den Blättern ebenso markant rüber wie der polternde und „grob dumme“ (Mohr) Donald Trump oder der ewige Politmacho Wladimir Putin.

Die Kanzlerin ist die Chefin im Ring

Zwei Jahre politisches Tagesgeschehen von Ende 2015 bis Herbst 2017 ziehen für den Besucher der Ausstellung „WahnMache – MahnWache“ pointiert vorüber, viele der Karikaturen erschienen in dem Zeitraum auch im GA. Gibt es prägende Themen, Hauptfiguren? Die Flüchtlingsthematik sei etwas in den Hintergrund gerückt, dafür spielte der Wahlkampf und das Duell Merkel/Schulz einen Hauptpart. Hinreißend, wie der Karikaturist immer wieder einen neuen Ansatz für eine konstante Konstellation findet – bei festgeschriebenen Rollen. Die Kanzlerin kommt zwar mitunter etwas linkisch daher, sie ist aber überall, ist die Repräsentantin der Alten Welt.

Und Schulz ist der Loser par excellence, der Mann, dem auf dem roten Teppich die Krone ins Gesicht rutscht, der als Geist und unwirklicher Tiger Merkel aus dem Schlaf aufschrecken lässt. Sie wundert sich nur, wo ihr Bettvorleger abgeblieben ist. Schulz ist eine jämmerliche Figur, der auf dem Meer dümpende angeschossene Wal, die trostlose Galionsfigur der SPD-Wracks. „Für mich war Schulz wie Rudolf Scharping: Er hatte nie eine Chance, man hat ihn verbraten“, erzählt Mohr. Genau so, mit in Panik geweiteten Augen, hat er ihn ein ums andere Mal gezeichnet.

Kaum ein Thema lässt die Ausstellung aus: Brexit und Katalonienkrise, Klimaschutz und Fake News, Nordkorea und AfD. Und wie sieht's aktuell aus? „Das Ende von Jamaika ist das Thema der Stunde“, sagt er am Montagmorgen, der anfing, wie jeder Karikaturistentag. „Nach dem Aufstehen wird recherchiert und sondiert“, erzählt Mohr, „spätestens ab zwölf Uhr kristallisiert sich die Nachricht des Tages heraus“. Dann zeichnet Mohr zwei bis drei Entwürfe, schickt sie an die Zeitungsredaktionen, mit denen er zusammenarbeitet. Nach einer Abstimmung mit den Redakteuren geht es an die Endfassung. Und am nächsten Tag zeigt sich, welcher Karikaturist unter den deutschen Tageszeitungen die Nase vorne hat. Mohr hat mit seinem satirischen Witz und den präzisen Formulierungen eine hohe Trefferquote, wie auch seine Bonner Ausstellung zeigt.

Die Blätter werden nach Ende der Schau erneut zugunsten der Aktion Weihnachtslicht verkauft.

Haus der Papierindustrie, Adenauerallee 55; bis Ende März 2018. Mo bis Fr 9-16 Uhr. Der Katalog kann für 14.99 Euro in den Zweigstellen des GA bezogen werden.

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