Raus aus der Defensive Euro Theater Central stellt neuen Spielplan vor

Bonn · Programmplanung in finanziell schwierigen Zeiten: Das Euro Theater Central stellt seinen Spielplan für die Saison 2018/19 vor.

 Cecily (von links, Lili Koehler), Algernon (Quatis Tarkington) und Jack (Ryan Wichert) in „The Importance of Being Earnest“.

Cecily (von links, Lili Koehler), Algernon (Quatis Tarkington) und Jack (Ryan Wichert) in „The Importance of Being Earnest“.

Foto: Thomas Kölsch

Allzu rosig sieht die Zukunft des Euro Theater Central derzeit nicht aus: Noch immer drohen die städtischen Zuschüsse im kommenden Jahr zu versiegen, was für das beliebte Haus am Mauspfad mit seiner winzigen Bühne und seinen exzellenten Inszenierungen nach fast 50 Jahren das Ende bedeuten würde. Doch aufgeben kommt nicht in Frage. Jetzt erst recht nicht.

Und so hat Theaterchefin Ulrike Fischer nun den neuen Spielplan vorgestellt und sich zusammen mit dem gesamten Team in den Kampfmodus begeben. „Wir wollen nicht länger in der Defensive sein“, betonte sie bei einem Pressegespräch. „Ja, wir sind nicht wirtschaftlich, aber das gilt auch für alle anderen Theater. Ein derartiger Anspruch würde eine Kastration der Kreativität bedeuten. Wir bieten hochwertiges, ernsthaftes, gutes Theater, und zwar ganz bewusst für nur 45 Leute. Unsere Größe ist unser Konzept. Und das sollten wir nicht verteidigen müssen.“

Tatsächlich ist die klaustrophobische Enge der Bühne das größte Pfand des Hauses – das und die starken Produktionen. Nicht umsonst hat das Euro Theater Central 2017 den Monika-Bleibtreu-Preis der Privattheatertage erhalten und war in diesem Jahr mit „The Importance of Being Earnest“ erneut nominiert. Daran will das Ensemble ab dem kommenden Herbst anknüpfen und wagt sich an Mary Shelleys „Frankenstein or The Modern Prometheus“ in einer Bearbeitung von Jens Heuwinkel und Ulrike Fischer. „Die düstere Enge der Beziehungen passt unserer Auffassung nach hervorragend zum Euro Theater“, betonte letztere. Die Premiere soll Anfang 2019 erfolgen, ebenso wie englische Fassungen von Nassim Soleimanpours „Weißes Kaninchen, rotes Kaninchen“, das auf Deutsch bereits ab dem 1. September im Mauspfad zu sehen sein wird.

Kooperation mit Bonner Häusern

Dieses Theaterexperiment sorgt seit sechs Jahren für Furore: Das Skript wird dem jeweiligen Schauspieler erst auf der Bühne übergeben, der ansonsten ebenso wenig von dem Stück wissen darf wie das Publikum. Jede Aufführung ist somit eine Premiere, jeder Darsteller ist nur ein einziges Mal dabei. Um dies realisieren zu können, kooperiert das Theater mit dem Jungen Theater und dem Theater Bonn. Neu ist zudem die französische Fassung von „La Chute“ in Zusammenarbeit mit der Tanzkompanie bo komplex, die bereits für diese Spielzeit geplant war und jetzt am 12. September realisiert werden soll. Zudem nimmt sich Regisseurin Gabriele Gysi Samuel Becketts postapokalyptischer Farce „Endspiel“ an (Premiere: 24. September).

„Wenn nicht jetzt, wann dann“, sagte Fischer dazu und erklärte auch, warum gerade der September so voll wird. „Nach wie vor ist ja unklar, wo wir sein werden, nicht nur mit Blick auf die Finanzierung, sondern auch hinsichtlich des Ortes. Wir würden gerne bleiben, wo wir sind, suchen aber auch nach alternativen Spielorten. Gleichzeitig wollen wir aber nutzen, was wir haben und sorgen daher für ein Premieren-Dauerfeuer.“ Etwas verspätet wird dann am 2. November Michael Meichßner, der im „Michael Kohlhaas“ als Schauspieler zu überzeugen wusste, mit „Waisen“ von Dennis Kelly folgen.

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