Buchvorstellung Die Kunstszene spielt verrückt

Bonn · Die Vorstellung von Joost Zwagermans brillanter Novelle „Duell“ aus dem Weidle-Verlag in der Bonner Galerie Gisela Clement. Tiefer Blick in in den Kunstbetrieb.

 Das Ende der Kunst: (v.l.) Gregor Seferens, Rein Wolfs, Katharina Waldau und Barbara Weidle.

Das Ende der Kunst: (v.l.) Gregor Seferens, Rein Wolfs, Katharina Waldau und Barbara Weidle.

Foto: Kliemann

Es ist ein brisantes, brillant recherchiertes Buch über den Aufstieg und Fall eines niederländischen Museumsmanns, über den erweiterten Kunstbegriff, der die Kopie von Meisterwerken und die Vergesellschaftung des Originals umfasst. Ein Text über ein gefälschtes, 30 Millionen Euro teures Bild von Mark Rothko und eine temporeiche Posse über die Eitelkeiten eines hybriden Kunstbetriebs und dessen Protagonisten. Dass man bei der Vorstellung von Joost Zwagermans herrlicher, im Weidle-Verlag erschienenen Novelle „Duell“ in Bonn auf die Idee kam, den Holländer Rein Wolfs, Intendant der Bundeskunsthalle, als Insider einzuladen, kann man als schönen Coup werten.

Wolfs hatte sichtlich Spaß dabei, diesen „Schlüssellochroman“ über die Kunstszene in der Galerie Gisela Clement zu analysieren. Auf die Frage der Moderatorin Barbara Weidle, ob er denn auch mit der Rothko-Kopistin Emma Duiker zusammenarbeiten würde, die das kostbare Original unter anderem irgendwo in Slowenien in einer Schule ausstellte, antwortete er amüsiert: „Das Konzeptuelle zieht mich an.“ Gelächter im Publikum. „Ich würde mitmachen“, meinte er augenzwinkernd, „aber die Bundeskunsthalle hat ja keine eigene Sammlung“.

Auch zur Hauptfigur von Zwagermans „Duell“, Jelmer Verhooff, und zum fiktiven, geschlossenen Hollands Museum, in dem er wohnte, hatte Wolfs sachdienliche Hinweise. Verhooff sei eine Kompilation aus drei real existierenden Museumschefs: Gijs van Tuyl, der 2005 Direktor des Stedelijk Museum wurde, das wie Zwagermans Hollands Museum mehr als ein Jahrzehnt lang wegen Sanierung geschlossen war, Wim van Krimpen, der es vom Galeristen zum Museumschef in Rotterdam und Den Haag brachte, und Rudi Fuchs, Stedelijk-Chef von 1993-2003.

Von der schillernden Karriere des Jelmer Verhooff berichtete die Schauspielerin Katharina Waldau in ihrer Lesung aus „Duell“. Wie sie sich mit leichter Ironie in der Stimme und einem feinen Gespür für die wachsende Dramatik der Geschichte durch das erste Kapitel von „Duell“ arbeitete, hatte große Klasse. Man möchte dem Verlag dringend ans Herz legen, das Werk mit Katharina Waldau als Sprecherin als Hörbuch herauszugeben.

Verhooff wird als Shootingstar beschrieben, für den das propagierte Ende der Kunst kein Schlusspunkt ist, sondern eine Herausforderung mit ungeahnten neuen Perspektiven. Dazu gehören die geplante Ausstellung „Duell“ und die Begegnung mit Emma Duiker. Zwagerman hat diesen Prozess detailliert beschrieben. Für Gregor Seferens, der „Duell“ meisterlich aus dem Niederländischen übersetzt hat, ist Zwagerman, der als Lyriker begann, der „begabteste und vollständigste Autor seiner Generation“, seine Prosa sei „sehr nah an der Zeit und politisch engagiert“.

Er habe auch viel über Literatur, Popmusik und Kunst geschrieben, „sehr eloquent, intelligent und humorvoll“. Seferens berichtete ebenfalls über Zwagermans Buch über den Suizid, in dem er eine klare Position dagegen bezog, und er erzählte von Zwagermans Erkrankung an einer schweren Depression. Am 8. September 2015 nahm er sich 51-jährig das Leben.

Katharina Waldau las zwei weitere Abschnitte aus dem Buch, die die Figur des schrulligen Restaurators Olde Husink als tragikomische Figur ins Spiel bringen, aber auch tief in die Interna des Museumsbetriebs und der kommunalen Kulturverwaltung blicken lassen. Wolfs' Urteil über Zwagermans 2010 erschienene Novelle: „Der Text ist hochaktuell, hat die Brisanz unserer Zeit erfasst.“

Joost Zwagerman: Duell. Aus dem Niederländischen von Gregor Seferens. 160 S., 17 Euro

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