Ausstellung im Siebengebirge Die Geschichte wird neu aufgerollt

Zur Abtei Heisterbach gibt es im Siebengebirgsmuseum und auf dem Heisterbacher Klostergelände hochspannende Details zu entdecken.

 Visualisierung der Abteikirche Heisterbach, die bis 1250 völlig schmucklos war.

Visualisierung der Abteikirche Heisterbach, die bis 1250 völlig schmucklos war.

Foto: Abtei

Manchmal öffnen sich interessante Einblicke und neue Aspekte gerade bei Themen, die vertraut erscheinen und von denen man wenige Entdeckungen erwartet hätte. Die Klosterlandschaft Heisterbach mit der markanten Chorruine ist so ein Fall. Wie oft ist man dort gewesen, hat Theatervorstellungen erlebt, bei der Legende des „Mönchs von Heisterbach“ über Raum und Zeit sinniert, ist im romantisierenden Landschaftspark flaniert oder in der Klosterstube eingekehrt.

Jetzt ist wieder einmal ein Besuch angesagt, denn es gibt hochspannende Details zu entdecken, die das bekannte Bild bereichern. Vor der Fahrt nach Heisterbach steht ein Besuch in der Ausstellung „Zisterzienser in Heisterbach. Was war, was ist, was bleibt“ im Siebengebirgsmuseum Königswinter. Hier wird die 600-jährige Geschichte der Zisterzienserabtei noch einmal aufgerollt und bis heute fortgeführt, denn das gegenwärtige Aussehen der Anlage wird wesentlich durch die Säkularisation von 1803, der Auflösung des Klosters und dem nachfolgenden Beinahe-Totalabriss der 1202 errichteten Kirche bestimmt.

Schon die Grabungen im Zusammenhang mit der Regionale 2010 hatten hier Einiges zutage gefördert. Daran schließen sich nun die Forschungen von Katrin Heitmann an, die zurzeit über die Inneneinrichtung der Abteikirche promoviert. Wie sich diese Ausstattung im Laufe der Zeit entwickelt hat, verdeutlichen großformatige und zum Teil begehbare Visualisierungen in der Ausstellung.

So wurde die strenge zisterziensische Regel der Schmucklosigkeit nach und nach gelockert, bis Mitte des 15. Jahrhunderts der „Heisterbacher Altar“, ein Meisterwerk spätgotischer Malerei, fast den gesamten Chor der Kirche beanspruchte. Zwar kann das Siebengebirgsmuseum keine der noch erhaltenen Tafeln des mehrflügeligen Altaraufsatzes in seiner Ausstellung zeigen, aber das Bild des „Heiligen Anno und Heiligen Georg“ (um 1450), das aus der Sammlung Rau kommt und das jetzt erst der Abteikirche Heisterbach zugeordnet werden konnte, ist ein würdiges Beispiel für die herausragende künstlerische Qualität der Kirchenausstattung.

Bei ihren Forschungen ist Katrin Heitmann auch auf Kurioses gestoßen. Sie konnte den Verbleib einer Altarplatte rekonstruieren, die nach dem Abriss der Kirche wie so viele Ausstattungsgegenstände regelrecht verramscht worden waren. Die Platte war in einer Gaststätte gelandet und wurde dort zum profanen Schanktisch. Ähnliche Fälle gibt es einige und sie zeigen auch, dass dem Abriss der großartigen Abteikirche seinerzeit herzlich wenig Widerstand entgegen gebracht wurde. Ein schönes Detail aus der Gegenwart hat die Ausstellung in Form einer Anekdote des Künstlers Max Ernst zu bieten. Der kleine Max hatte, wie er später selbst erzählt, als Dreijähriger seinen Vater Philipp Ernst dabei beobachtet, wie er ein Aquarell, genannt „Einsamkeit“, malte. Es zeigt den Mönch von Heisterbach in einer „erschreckend stillen Atmosphäre“ in einem Buchenwald sitzend und der kleine Max „vergaß niemals das Entzücken und den Schauer, den er empfand, als sein Vater ihn einige Tage später mit in den Wald nahm“.

Angeregt von diesem Bild, das im letzten Raum der Ausstellung gezeigt wird, kann man sich auf den Weg nach Heisterbach machen, den informativ beschilderten Rundweg antreten und vielleicht selbst dem ein oder anderen Schauer nachspüren.

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