Interview mit Patrick Schmeing Der Geschäftsführer der Bundeskunsthalle über seine neue Aufgabe

Bonn · Anfang des Jahres wechselte der langjährige Geschäftsführende Direktor des Kölner Gürzenich-Orchesters, Patrick Schmeing, als neuer Geschäftsführer zur Bonner Bundeskunsthalle. Über seinen neuen Arbeitsplatz, die finanzielle Situation des Hauses und über Pläne für den Museumsplatz spricht er im GA-Interview.

Herr Schmeing, was hat Sie bewogen, nach acht Jahren als Geschäftsführer des Kölner Gürzenich-Orchesters mit der neuen Position an der Bundeskunsthalle in Bonn Ort und Metier zu wechseln?

Patrick Schmeing: Die Frage hat man mir schon häufig gestellt, aber so richtig verstehe ich sie gar nicht. Denn ich sehe mich zuerst als Kulturmanager und nicht speziell als Museums- oder Musikmanager. Ich bin Kaufmann, der in Köln Betriebswirtschaft studiert hat. Mein persönliches Interesse galt aber schon immer auch der bildenden Kunst. Ich habe die Kölner Galerieszene sehr genau beobachtet und als Student dort sogar Praktika gemacht. Dann habe ich versucht, beide Interessen zu verbinden. Und die Schnittmenge ist eben Kulturmanagement. Meine erste Anstellung war übrigens bei der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Ein Werkvertrag über ein Jahr.

Ihre Premiere im Musikbetrieb führte sie als Marketingleiter zum Leipziger Gewandhausorchester. Wie kam es dazu?

Schmeing: Ich hatte mich auf eine Anzeige in der Zeitung auf diese Stelle beworben. Unter den beiden Chefdirigenten Herbert Blomstedt und später Riccardo Chailly bin ich elf Jahre geblieben und wurde dann Geschäftsführer beim Gürzenich-Orchester. Ich hatte mir aber schon lange fest vorgenommen, irgendwann einmal meinem Interesse für die bildende Kunst zu folgen. Dann kam das Angebot aus der Bundeskunsthalle, das ich gerne angenommen habe, obwohl ich gerade erst meinen Vertrag in Köln bis 2022 verlängert hatte. Das Haus und die Marke Bundeskunsthalle waren für mich immer überaus attraktiv.

Ihr Vorgänger Bernhard Spies musste bei seinem Antritt 2007 teils gravierende Fehlentwicklungen am Haus korrigieren. In welchem Zustand haben Sie nun das Haus vorgefunden?

Schmeing: Das Haus ist in jeder Beziehung in einer sehr guten Verfassung. Und die Voraussetzungen, dass das in Zukunft auch so bleibt, sind sehr gut. Die Zuwendungen des Bundes in Höhe von 16 Millionen Euro pro Jahr sind eine sichere Grundlage. Ebenso die Einnahmen aus dem Ticketverkauf, die noch einmal drei bis vier Millionen Euro einbringen. Wir müssen unseren Betrieb also mit rund 19 Millionen Euro bestreiten. Davon sind erhebliche Betriebs- und Instandhaltungskosten zu finanzieren, allein die Personalkosten machen sieben Millionen Euro aus. Insgesamt bleiben uns knapp neun Millionen Euro für den Ausstellungs- und Veranstaltungsbetrieb – wir bespielen ja auch das Forum mit einem umfangreichen Programm. Das ist eine recht einfache Rechnung.

Die Museumsleitung, die 2007 antrat, hat sofort Schluss gemacht mit den beliebten Open-Air-Konzerten auf dem Museumsplatz. Dieser Platz wird demnächst saniert. Wird es auch irgendwann wieder Konzerte und andere Veranstaltungen geben?

Schmeing: Ich glaube, die Erwartung, dass auf dem Museumsplatz wieder Konzerte stattfinden sollen, ist bei vielen Bonnern groß. Das kann ich nachvollziehen. Wenn ich morgens vom Bahnhof des UN-Campus komme und über den Platz gehe, spüre ich den ganz besonderen Charme dieses Ortes, dieses Ensembles, zu dem natürlich auch das Kunstmuseum gehört. Das ist wie eine Piazza. Er bietet sich für Veranstaltungen geradezu an. Der Platz hat eine internationale, großzügige Ausstrahlung. Man könnte ihn sich auch in großen Metropolen vorstellen. Ich würde aber seine Aufenthaltsqualität gerne steigern.

Welche Anreize könnte man bieten?

Schmeing: Ich sehe das Bild vor mir, dass da Menschen auf Stühlen und Bänken sitzen oder auch auf Picknickdecken und einfach bei einem Getränk die Abendsonne genießen. Da wären natürlich regelmäßige Veranstaltungen wünschenswert. Das können Performances sein, Konzerte oder ein DJ, denkbar wären auch Filmvorführungen oder die Verbindung mit Konzerten im Forum, die auf dem Platz vielleicht in einer Lichtinstallation ihre Fortsetzung finden. Da sind wir gerade noch in der Brainstorming-Phase. Aber das ganz große Open-Air-Erlebnis für ein Massenpublikum mit mehreren Tausend Menschen halte ich für überholt.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem Intendanten der Bundeskunsthalle, Rein Wolfs?

Schmeing: Sehr gut. Wir schätzen uns als gleichwertige Mitglieder eines Geschäftsführerduos, er ist für die Kunst da und ich für die Finanzen, das Personal und die Organisation. Das ist eine sehr angenehme und konstruktive Zusammenarbeit.

Sind Sie zufrieden mit den Besucherzahlen?

Schmeing: Mich hat es sehr beeindruckt, wie die sich gerade in 2017 entwickelt haben. 610 000 Menschen haben sich in dem Jahr die Ausstellungen angesehen. Eine im Vergleich zu anderen Häusern immens hohe Zahl. Wir zählen damit zu den Top Five in Deutschland. Das allein ist schon eine Qualität. Es wäre großartig, wenn wir künftig zwischen 400 000 und 500 000 Besucher pro Jahr halten könnten. Ich begrüße es auch, dass auf Bildung und auf die Vermittlung von Kunst so großer Wert gelegt wird. 80 000 Menschen jeden Alters haben die vielen Angebote 2017 wahrgenommen.

Wie steht es um die Zusammenarbeit mit dem Martin-Gropius-Bau in Berlin?

Schmeing: Wir wollen als Bundeskunsthalle natürlich in der Hauptstadt präsent sein. Das war bis jetzt im Gropius-Bau möglich, und es wäre schön, wenn sich das fortsetzen könnte. Aber es gibt dort eine neue Intendanz, und jetzt hängt es von den Gesprächen ab. Mitte September werden wir dort aber erst einmal die Gurlitt-Schau eröffnen, die hier in Bonn mit über 140 000 Besuchern sensationell gelaufen ist.

Auf welche Ausstellungen in Ihrem Haus in der nächsten Zeit freuen Sie sich besonders?

Schmeing: Erst einmal freue ich mich, dass wir hier Marina Abramovic zu Gast haben. Eine neue Erfahrung auch für mich. Es ist eine performative Kunst mit Menschen, die in der Ausstellung leben und erlebbar sind. Spannend zu werden versprechen aber auch die Ausstellungen zur Nazca-Kultur im Süden Perus und das Playground Project. Auf dem Museumsplatz laufen schon die Vorbereitungen für den Bau der Bonner Rutschbahn von Carsten Höller, die im Rahmen der Ausstellung „The Playground Project“ am Haus installiert wird. Es ist schon fantastisch, was für unterschiedliche Dinge in der Bundeskunsthalle gleichzeitig stattfinden können. Ich wüsste nicht, in welchem Hause es so etwas gibt.

Der Luxus, wenn man keine Sammlung betreuen muss?

Schmeing: Das ist so. Wir haben die Freiheit, unsere ganze Kreativität in Wechselausstellungen ausleben zu können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Held ohne Heldenpose
“One Life“ mit Anthony Hopkins Held ohne Heldenpose
Zum Thema
Aus dem Ressort