Schlagzeug-Star Das Vermächtnis der Legende Carl Palmer

Bonn · Weltberühmter Schlagzeuger Carl Palmer von "Emerson, Lake and Palmer" gab ein kurzes, aber eindrucksvolles Konzert in der Endenicher Harmonie.

 Rocken die Harmonie: Schlagzeuger Carl Palmer, Sänger Lino Vairetti und Bassist Simon Fitzpatrick.

Rocken die Harmonie: Schlagzeuger Carl Palmer, Sänger Lino Vairetti und Bassist Simon Fitzpatrick.

Foto: Benjamin Westhoff

Carl Palmer ist ein beschäftigter Mann. Der Schlagzeuger, der seit seinem 16. Lebensjahr virtuos die Drumsticks fliegen lässt und die Konzerthallen mit dem Klang riesiger Gongs ausfüllt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Vermächtnis einer legendären Band in die Welt zu tragen: Emerson, Lake and Palmer. Man kann ihn verstehen.

Denn der mittlerweile 68-Jährige ist der letzte Überlebende einer Gruppe, die Aushängeschild des Progressivrocks in seiner Hochzeit war – in den 1960er und 1970er Jahren. Wer vom Genre und seinen Protagonisten spricht, muss dabei zu allererst drei Buchstaben nennen: ELP.

Das E – Tastengenie Keith Emerson – beging im März 2016 Selbstmord. Das L – Sänger Greg Lake – erlag im Dezember des gleichen Jahres einer Krebserkrankung. Nun also hat sich das übrig gebliebene P auf die Fahne geschrieben, das gemeinsame Werk der Nachwelt auch als Live-Erlebnis zu erhalten. Wie sich „Carl Palmer's ELP Legacy“ das vorstellt, bekamen am Dienstagabend rund 350 Fans in der Endenicher Harmonie zu hören. Um es gleich vorwegzunehmen: Das mit eineinhalb Stunden etwas kurz geratene Vergnügen schwankte zwischen genial, gut gelungen, hörbar und mit Schmerzen hörbar.

Gemische Gefühle bei eingefleischten Fans

Das hatte vielerlei Gründe. Es fängt mit der Philosophie Palmers an. Der Mann aus Birmingham ersetzt Emerson – kreativer Kopf der Band und als Komponist, Keyboarder sowie Pionier des Moog-Synthesizers einer der Größten der Rockgeschichte – durch Gitarren. Ein interessantes, aber äußerst schwieriges Unterfangen, wie sich beispielsweise bei Stücken wie Trilogy herausstellte. Nichts gegen den Leadgitarristen Paul Bielatowicz und seinen Kollegen am Bass, Simon Fitzpatrick, die einen hervorragenden Job machten. Aber mit der Virtuosität eines Keith Emerson waren sie auf ihren Saiten manches Mal überfordert. Auch die epische Stimme von Greg Lake wurde bis auf wenige Ausnahmen von Gitarrenklang nachgeahmt. Da werden einige eingefleischte ELP-Fans die Harmonie gegen 22 Uhr mit gemischten Gefühlen verlassen haben.

Nicht zuletzt auch, weil die Crew am Mischpult kein glückliches Ohr hatte und bei drei Stücken – Welcome back my friends, Knife Edge und Lucky Man – der schrille Auftritt von Sänger Lino Vairetti peinlich berührte. Der Italiener, des Englischen offenbar nur rudimentär mächtig, rockte mit rot-weiß-schwarzer Gesichtsbemalung und wilden Gesten die kleine Bühne. Die Stimme der Prog-Rock-Band Osanna ging zudem im Instrumenten-Fortissimo fast unter.

Doch genug der Schelte durch einen ELP-Fan erster Stunde. Am Ende gab es verdienten Beifall, vor allem weil Palmer als Drummer über allem thronte, überpräsent zwar, aber genauso genial. Sein Solo bei „Fanfare for the common man“ riss die Harmonie bis zur Biertheke mit und wahrscheinlich auch die Anwohner von ihrer Wohnzimmercouch. Percussionkunst in ihrer ganzen Dynamik, Schnelligkeit und Perfektion. Dazu überzeugte das Trio bei Beiträgen wie der Adaption von Bachs Fuge in d-moll, von Sibelius' Karelia Suite oder dem ELP-Song From the beginning.

ELP lebt durch Carl Palmer weiter, wenn auch auf sehr individuelle Weise.

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