Konzert in der ausverkauften Kölner Philharmonie Daniil Trifonovs grandioser Auftritt

Köln · Der 25-jährige Pianist und die Münchner Philharmonikern unter Valery Gergiev begeistern ihr Publikum in Köln

 Valery Gergiev (links) und Daniil Trifonov bei der Probe in Köln.

Valery Gergiev (links) und Daniil Trifonov bei der Probe in Köln.

Foto: Thomas Brill

Jetzt weiß man auch in Köln, warum die Klassikfans in München regelrecht süchtig danach sind, den jungen russischen Pianisten Daniil Trifonov mit Sergej Rachmaninows drittem Klavierkonzert zu hören.

Nachdem er es vor gut einem Jahr mit den Münchner Philharmonikern unter Leitung ihres neuen Chefs Valery Gergiev gespielt hatte, folgten in diesem Monat erneut zwei Aufführungen, am Dienstag wieder mit den Münchnern, zwei Tage davor – ebenfalls unter Gergiev – mit dem Mariinsky Orchester Sankt Petersburg.

Und nun also Köln: Nachdem der 25-jährige Trifonov in der ausverkauften Philharmonie mit den letzten Doppeloktaven souverän den Zieleinlauf bewältigt hatte, dauerte es nur den Bruchteil einer Sekunde, bis die Klassikfans jubelnd aus ihren Sitzen aufgesprungen waren.

Der Ausflug der Münchner Philharmoniker und ihres Chefdirigenten in die Rheinmetropole mit dem Klavierkonzert im Zentrum hatte regelrecht idyllisch begonnen – mit Claude Debussys „Prélude à L’après-midi d’un faune“. Die schwül-erotische Stimmung, in die Debussy die Verse von Stéphane Mallarmés „Faun“-Gedicht übersetzt, zeichnete Gergiev mit seinem Orchester mit feinen Strichen nach, wobei Klangfarben, Harmonien und die fremdartig schöne Melodie der von Michael Martin Kofler hinreißend gespielten Soloflöte wie von Zauberhand ineinanderflossen.

Es ist ein Glück, dass Sergej Rachmaninow mit der Vorstellung der elegisch-schlichten Klaviermelodie seines Konzerts den Hörer noch einmal kurz verschnaufen lässt, bevor der Pianist von der Leine gelassen wird. Daniil Trifonov – das lässt sich nach diesem denkwürdigen Abend ohne Weiteres sagen – vereint bei seiner „Tour de Rach 3“ alle Tugenden auf sich, die ein überragender Interpret dieses Konzerts benötigt. Unbedingte Voraussetzung sind unfehlbare Technik, Kraft und Ausdauer, aber auch der Wille zum Ausdruck und die Gabe, das Werk musikalisch bis in die feinsten Verästelungen zu durchdringen.

In Momenten der größten Steigerung, die mit den Münchnern unter Gergiev sehr, sehr laut werden können, weiß Trifonov den orchestralen Klangmassen am Flügel noch etwas entgegen zu setzen. Die vollgriffigen Akkorde, die weiten Sprünge wirkten dabei immer klar artikuliert, die beängstigende Fülle der Noten verschwamm nicht in einem Klangnebel, sondern blieb – auch rhythmisch – immer scharf konturiert. In der ausladenden Solokadenz des ersten Satzes hatte man fast den Eindruck, als wäre hier ein zweites Orchester am Werk.

Dass der zweite, von Rachmaninow als „Intermezzo“ betitelte Satz nicht zu kitschig wurde, lag sowohl an Trifonovs Spiel als auch an Gergievs Orchesterleitung, der den Ausdruck hier sensibel dosierte. In den virtuosen Exzessen des Finales galt die Aufmerksamkeit vor allem wieder dem Solisten, der die Hörer regelrecht schwindelig spielte, nicht nur wegen der Schnelligkeit seiner Finger und Hände, sondern weil bei aller Technik die Musik nie in den Hintergrund trat. Derzeit spielt wohl niemand Rachmaninow besser. Das bestätigte sich auch bei der Zugabe, den wunderbaren zweiten Satz aus der ersten Klaviersonate des Russen. Mit den Sinfonischen Tänzen op. 45 gehörte auch das Konzertfinale Sergej Rachmaninow. Hier hatten die Münchner Philharmoniker reichlich Gelegenheit, sich von ihre besten Seite zu zeigen.

Die Klangfülle und -farbe der Streicher begeisterte dabei ebenso wie die ungeheure Dynamik, die dem Orchester vom leisesten Piano bis zu exzessiven Klangballungen zur Verfügung steht. Mit Gergiev stand freilich der richtige Mann am Pult, um die Seele der Musik zu erfassen: Das sehnsuchtsvolle Saxofon-Solo im ersten Satz oder die Melancholie des Walzers im zweiten waren ergreifend. Auch hiernach: großer Applaus.

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