Der Gangster und die Queen Beyoncé und Jay-Z begeistern 50.000 Fans in Köln

Köln · Das Power-Paar inszenierte sich perfekt: Beyoncé und Jay-Z zeigten im Kölner Stadion, wie Paartherapie vor 50.000 Fans funktioniert. Und begeisterten damit.

 Power-Paar im Pop-Geschäft: Beyoncé und Jay-Z im Kölner Stadion.

Power-Paar im Pop-Geschäft: Beyoncé und Jay-Z im Kölner Stadion.

Foto: Raven Varona/Parkwood Entertainment/PictureGroup

Sie halten Händchen. Jedes Mal, wenn sie gemeinsam die Bühne betreten. Und auch am Ende des Konzerts, wenn sie die Bühne gemeinsam verlassen, tun sie's wieder. Wobei er, kurz bevor die beiden aus dem Blickfeld geraten, ihren Arm hochreißt. Es ist eine Geste, die an einen Ringrichter erinnert, der einen Boxer zum Sieger erklärt. Wobei es hier zwei Champions gibt. Amor vincit omia. Die Liebe überwindet alles.

Für diesen Plot braucht es rund 40 Songs in 180 Minuten, die man getrost als Lehrstück in punkto Paartherapie betrachten kann. Dienstagabend im RheinEnergie Stadion zeigen Beyoncé und Jay-Z, wie perfekt das vor 50 000 Fans funktioniert. Es sind Szenen einer Ehe in Hochglanzoptik. Dargeboten von zwei Pop-Regenten, die sowieso im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Auch damit, dass er sie betrogen haben soll, was sie ihm per Album „Lemonade“ (2016) vorhielt. Worauf er sich mit „4:44“ (2017) entschuldigte. Die Geburt von Zwillingen untermauerte das neue alte Glück. Kann höchstens sein, dass Tochter Blue Ivy schmollt, weil sie keine Einzel-Prinzessin mehr ist. Die Familienkasse (geschätzt auf mehr als eine Milliarde Dollar) mit einer Tour durch Europa und Nordamerika ein bisschen aufzustocken, ist da durchaus weitblickend.

Die Story von Jay und Bey

So garstig, wie das jetzt klingt, ist es gar nicht. Weil die begnadete Königin des R&B und der göttliche Hip-Hopper (Jay-Hova) tatsächlich das profilierteste Power-Paar sind, mit dem der Musikzirkus weltweit aufwarten kann. Wer ein Ticket fürs Stadion hat, erlebt zwei Top-Sänger mit einer Top-Show. Und dazu noch das VIP-Gefühl, bei einem von nur zwei Konzerten der „ORT II“-Tour in Deutschland dabei gewesen zu sein.

Wenn der Abend mit halbstündiger Verspätung beginnt, wird der Story von Jay (48) und Bey (36), vom Gangster und der Queen, ein weiteres hochdramatisches Kapitel hinzugefügt. Videos zeigen beide in der Karibik. Ein glückliches Paar, das man sogar bis ins Schlafzimmer begleiten darf. Später wird sie ihn auf der Leinwand dann verlassen, hoch erhobenen Hauptes, den Koffer in der Hand, während er mit nackten Füßen die Verfolgung aufnimmt. Ein Heim geht in Flammen auf, er heischt kniend in der Kirche um Vergebung. Ehekrise.

Realiter demonstrieren er, ganz in Weiß, und sie, im silberschuppigen Minirock, beim Intro „Holy Grail“ das Gegenteil. Zwei Catwalks, durch den Innenraum führend, eröffnen dennoch getrennte Wege. Er geht links ab, sie rechts. Shawn Corey Carter alias Jay-Z, Hov, Hova, J-Hova und Jigga bewegt sich gemessen. Beyoncé Giselle Knowles-Carters Schritte greifen weit aus, sind pure Dynamik. Womit die Rollen der Eheleute festgelegt wären.

Eine große Liebe, die jung bleibt

Sie hat den härteren Job. Auch wenn er sich öfter umzieht. Jay rappt und klopft sich dabei symbolisch den Dreck von den Schultern. Bey rappt und singt und scattet und wirkt dabei, an der Spitze ihrer zwölf Tänzerinnen, als sei sie deren Ausbilderin. Im Wechsel mit Fortsetzungen der Video-Lovestory gibt es Solo-Auftritte, dazwischen treten die Carters paarweise auf. Eine Bühne lässt sich hoch- und runter und quer durchs Stadion fahren, die Musiker, in Rot gekleidet, sind in einer Art überdimensioniertem Setzkasten untergebracht. Großes Kino.

Während sie als „Naughty Girl“ die begeistert kreischenden weiblichen Fans auffordert „Run the World (Girls)“, nimmt er, als ganzer Kerl, noch einmal das „Big Pimpin“ in Angriff und die 99 Probleme, die ihm wirklich wichtig sind. Bei Jay-Zs „Niggas in Paris“ rastet das Stadion aus, bei Beyoncés Ballade „Resentment“ weiß man, zu was eine Mezzosopranistin in der Lage und wofür ein Taschentuch gut ist. Mit „Sorry“ wird noch einmal die bittere Limonade aufgequirlt, seine Replik „Beach Is Better“ gipfelt im verzweifelten Aufschrei „Beyoncé!“.

Auf der Leinwand wird's Zeit fürs Taufen und ein erneuertes Treuegelübde, ehe ein Cover von Alphaville, die eine, die ganz große Liebe beschwört, die für immer jung bleibt. Was dagegen offen bleibt: Warum haben die Carters nicht ein Stück vom neuen gemeinsamen Versöhnungsalbum „Everything Is Love“ gebracht?

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