Tanz-Festival Bewegung nur im Film

Bonn · Das Festival „tanz nrw“ beginnt im Bonner Theater im Ballsaal mit einer Absage. Statt der realen Choreografie präsentiert Reut Shemresh kurzerhand ihre filmische Übersetzung

 Choreographin Reut Shemresh im Gespräch mit dem Journalisten Thomas Linden.

Choreographin Reut Shemresh im Gespräch mit dem Journalisten Thomas Linden.

Foto: Thomas Kölsch

Es war einfach nur Pech: Ausgerechnet zur Eröffnung der Bonner Ausgabe des Festivals „tanz nrw“ mussten die Veranstalter um den Cocoondance-Dramaturgen Rainald Endraß im Theater im Ballsaal eine krankheitsbedingte Absage verkünden. Hella Immler, Bühnenpartnerin der israelischen Choreografin Reut Shemresh, hatte sich kurz zuvor bei einem Fahrradunfall einen Bänderriss zugezogen, konnte somit die für den Auftakt angedachte Darbietung von „Leviah“ nicht tanzen – und war dennoch präsent. Zumindest in digitaler Form.

Denn statt der realen Choreografie präsentierte Shemresh kurzerhand ihre filmische Übersetzung derselben, die Bestandteil ihrer Diplomarbeit an der Kunsthochschule für Medien in Köln ist. Eine Version, die ihre eigene Sprache hatte, längst nicht die Energie zweier realer Tänzer vermittelte, dafür aber den Text mehr in den Mittelpunkt stellte, in dem Shemresh ihren Dienst in der Armee ihres Heimatlandes aufarbeitet. Eine monotone, emotionslose Stimme trug ihn vor, bewusst distanziert von Verletzlichkeit und Missbrauch sprechend, von Unsicherheit und der Suche nach sich selbst. „Ich brauchte Abstand von den Worten“, erklärte die Israelin später im Interview mit dem Kölner Journalist Thomas Linden.

Erst in der abstrakteren Körpersprache brach sich immer wieder jene Emotionalität Bahn, die der Stimme versagt blieb. So wurde gezeigt, was nicht ohne Weiteres gesagt werden darf. „Die Organisation 'Breaking the Silence' ist die erste, die überhaupt mal thematisiert, was in unserer Armee mitunter passiert“, behauptete Shemresh. „In Israel gilt so vieles als normal – ich habe auch erst hier in Deutschland verstanden, wie sehr zum Beispiel sexuelle Belästigungen den Armeealltag für uns Frauen prägen.“ Aus dem Interview entwickelte sich eine rege Diskussion mit dem Publikum, sodass der Abend zwar anders endete als erwartet, dafür aber nicht weniger erfolgreich war. Weiter geht es am Samstag, 13. Mai, mit „One must still know how to dissappear“ von Josefine Patzelt und Lenah Flaig.

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