Nachruf auf James Rosenquist Bewegung im Bild

Bonn · Die Pop-Art-Legende James Rosenquist ist im Alter von 83 gestorben. Für den Herbst ist eine große Werkschau im Kölner Museum Ludwig geplant

 James Rosenquist bei einer Schau in Paris vor seinem Gemälde „Joan Crawford says...“ aus dem Kölner Museum Ludwig. FOTO: AFP

James Rosenquist bei einer Schau in Paris vor seinem Gemälde „Joan Crawford says...“ aus dem Kölner Museum Ludwig. FOTO: AFP

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„Painting as Immersion oder das Eintauchen ins Bild.“ Was gibt es Schöneres, gerade, wenn es um das Werk des Pop-Art-Malers James Rosenquist geht, dessen riesige, installative Bilderpanoramen mit den irritierenden Motiven, den Unschärfen und Momenten einer flüchtigen, auf Bewegung ausgerichteten Malerei geradezu zum Eintauchen einladen. „Painting as Immersion“ ist der viel versprechende Titel einer Ausstellung, die das Kölner Museum Ludwig ab Mitte November dieses Jahres zeigt. Sie war gewiss nicht als Nachruf gedacht, doch jetzt wird sie zu einem: Am Freitag ist der Maler in New York 83-jährig einer langen Krankheit erlegen, wie seine Ehefrau Mimi Thompson der „New York Times“ sagte.

Mit Rosenquist ist einer der letzten Heroen der amerikanischen Pop Art gestorben. Und einer der letzten Zeitzeugen des legendären Aufbruchs der US-Malerei. In New York City hatte der 1933 im US-Staat North Dakota geborene Rosenquist an der Art Students League studiert, traf dort Mitte der 1950er Jahre mit Robert Indiana, Jasper Johns, Ellsworth Kelly, Agnes Martin und Robert Rauschenberg zusammen. Wie bei Andy Warhol begann auch Rosenquists Karriere in der Werbebranche. Er malte Plakate und sammelte so Erfahrungen für seine großformatigen Bilder.

Aber auch die Welt der Comics und weitere Bildquellen der Populärkultur bereicherten seinen Bilderkosmos, den er mit einer kontrastreichen, hyperrealistischen Malerei in sehr bunten, gleichsam überhitzten Farben füllte. „Wir leben in einer freien Gesellschaft“, sagte Rosenquist, „und die Handlungen, die sich in dieser Gesellschaft abspielen, erlauben Übergriffe, da wir es mit einer kommerziellen Gesellschaft zu tun haben.“ Dieser politische Aspekt seiner prallen, offensiven Pop-Maleiei wird gerne übersehen. Das „visuelle Aufblasen“, so Rosenquist, sei wie die Werbung „eine der Grundlagen unserer Gesellschaft“. Die starke Vereinfachung durch die plakative Machart treffe auf rätselhafte Motive, schrieb die „New York Times“ in ihrem Nachruf. Rosenquists Bilder könnten daher zwei Lesarten folgen: als Kritik modernen Konsumverhaltens oder als ein flüchtiger Blick auf das amerikanische Bewusstsein.

Seinen Durchbruch als Pop-Art-Künstler hatte er mit dem 26 Meter breiten, vier riesige Tafeln umfassenden Gemälde eines US-Bombers F-111, den er mit weitern Motiven wie Spaghetti mit Tomatensoße, einem Haartrockner, Glühbirnen und einem Atombombenpilz kombinierte. Rosenquist zeigte sein „F-111“ erstmals 1965 in der Galerie von Leo Castelli in New York. Das MoMA ist im Besitz des Gemäldes. International berühmt wurde Rosenquist durch eine erste Retrospektive seines Werks, die 1972 im Whitney Museum New York und im Kölner Wallraf Richartz Museum zu sehen war. Der Sammler Peter Ludwig war schon früh ein Fan des US-Malers. Erst 2014 waren im Museum Ludwig in einer eindrucksvollen, sich über drei Etagen erstreckenden Schau Rosenquist & Co. zu sehen: „Ludwig Goes Pop“.

2014 erzielte Rosenquist bei einer Versteigerung mit 3,3 Millionen Dollar (rund drei Millionen Euro) für „Be Beautiful“ einen persönlichen Verkaufsrekord. Und doch sah er sich ungerne als Pop-Art-Künstler. „Pop Art: Ich habe diesen Begriff nie gepflegt, aber nach einem halben Jahrhundert, in dem ich als Pop-Art-Künstler bezeichnet wurde, habe ich den Widerstand aufgegeben“, schrieb Rosenquist in seinen Memoiren. „Immer noch weiß ich nicht, was Pop-Art bedeutet, um ehrlich zu sein.“

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