Aufarbeitung mit Techno und Rap

von

 Megaloh

Megaloh

Foto: Thomas Kölsch

Megaloh ist wütend. Wütend, dass viele Menschen im Alltag regelmäßig in rassistische Klischees verfallen und es noch nicht einmal merken, weil das Denken im Westen so sehr in kolonialistischen Strukturen verankert ist, dass eine gewisse Sensibilität fehlt. Und wütend auf die Politik, die alle Schuld von sich weist. Also nimmt der Berliner Rapper die Sache selbst in die Hand. Zusammen mit seinem Kollegen Musa und dem Produzenten Ghanaian Stallion hat er die Gruppe BSMG ins Leben gerufen, die sich gegen Diskriminierungen und Geschichtsverzerrungen ausspricht und einige Dinge ins rechte Licht setzen möchte. Was im Rahmen des „Over the Border“-Festivals wirklich hervorragend funktioniert.

In der Harmonie hämmern Megaloh und Musa aufklärerische Verse in den Saal, die gnadenlos mit dem Kolonialismus abrechnen, mit vermeintlichen Werten und einem viel zu lange tot geschwiegenen Völkermord. „Sie zeigten einander, wie progressiv, kultiviert und was für bessere Menschen sie waren, indem sie den anderen das Menschsein absprachen, sich selbst damit eigentlich die Menschlichkeit nahmen“, rappen sie und gewähren dem begeisterten Publikum so ganz nebenbei eine Geschichtsstunde der Extraklasse. Angesichts der tiefgründigen Texte ist es da auch nebensächlich, dass der Rhythmus mitunter nicht ganz rund ist und seltsam ungeschliffen wirkt. Im Saal spielt das überhaupt keine Rolle: Hier wippen die Hände im Takt, ebenso wie die dazugehörigen Zuschauer, von denen sich zumindest einige am Ende des Sets auch auf der Bühne wiederfinden.

Ein ähnliches Bild hatten zuvor schon Gato Preto evoziert. Das Destillat aus pulsierender, Rave-tauglicher angolanische Tanzmusik und Favela-Funk, das die portugiesische Sängerin Gato Misteriosa und Klangtüftler Lee Bass aufgesetzt haben, ist mit nicht minder kritischen Themen angereichert, und auch wenn die wummernden Beats zunächst einmal eher in die Beine gehen, geht die Botschaft doch nicht verloren. Zumal wenn diese nicht nur verbal, sondern auch visuell umgesetzt wird, so wie bei dem sich gegen Polizeigewalt richtenden „Policia“, bei dem sich Misteriosa quasi auf der Bühne verhaften lässt. Eine eindrucksvolle Nummer, die live noch einiges dazugewinnt. Ohnehin haben Gato Preto, zu denen auch noch der Djembe-Spieler Moussa Diallo gehört, das Publikum voll im Griff. Mal wird die Menge auf die Bühne eingeladen, dann wieder steigt die Band hinab in den Saal, um sich dort der Tanzwut zu ergeben. Ein starker Abend, der zugleich zeigt, dass sich auch Techno und Rap emanzipieren können und einiges zu sagen haben. Man muss nur mal zuhören.

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