Interview mit Queen Esther Marrow „Songs für Frieden, Liebe und Glück“

New York · Jazz-Legende Queen Esther Marrow erzählt im Interview, warum sie dem Leben mit dem Chor ade sagt, was sie danach vorhat und warum sie niemals für Donald Trump singen würde.

Queen Esther Marrow im November während einer Probe für ihre Abschlusstournee.

Queen Esther Marrow im November während einer Probe für ihre Abschlusstournee.

Foto: dpa

Wie kam es zu dem Entschluss, nicht länger mit den Harlem Gospel Singers aufzutreten?

Queen Esther Marrow: Es waren 25 wunderbare Jahre, die ich nicht bereue und an die ich sehr, sehr gerne zurückdenke. Aber jetzt ist die Zeit für andere Dinge gekommen, ich will mein Leben noch einmal neu und anders gestalten. Ich habe darüber lange und gründlich nachgedacht und kann deshalb mit Überzeugung zu mir sagen: „Du hast dich entschieden – und du tust das Richtige.“ Auch wenn mir das deutsche Publikum sehr fehlen wird. Es ist über all die Jahre für mich zu einer Familie geworden.

Was sind das für andere Dinge, die Sie demnächst vorhaben?

Marrow: Oh, da gibt es ganz viel, was ich tun möchte. Ich möchte ein Buch schreiben, möchte wieder Solokonzerte in den USA geben, und ich will zurück auf die Theaterbühne. Ich will wieder spielen, wieder meine Flügel ausbreiten, und dazu gehört für mich auch, Dinge wiederzuentdecken, die ich früher gemacht und geliebt habe.

Bedeutet Ihr Entschluss, dass sich die Harlem Gospel Singers auflösen?

Marrow: Sie sind Sänger und das werden sie auch weiter bleiben, das ist ihr Job. Es wird nicht mehr Queen Esther und die Harlem Gospel Singers gemeinsam auf der Bühne geben, soviel kann ich definitiv sagen.

Ihr allerletztes Konzert geben Sie in Köln – warum ausgerechnet da?

Marrow: Michael Brenner von BB Promotion, der vor 26 Jahren zusammen mit Roseanne Kirk und mir die Harlem Gospel Singers gegründet hat, war nicht nur ein Geschäftspartner, sondern auch ein sehr guter Freund. Mit ihm verbinde ich so viele schöne Erinnerungen und dazu gehören auch die vielen Konzerte in Köln. Das könnte möglicherweise eine Verbindung sein.

Als Obama gewählt wurde, da waren Sie überglücklich und haben große Hoffnungen in ihn als Präsidenten der USA gesetzt – wie geht es Ihnen jetzt, nachdem Trump gewählt worden ist?

Marrow: Ich bin nicht besonders glücklich. Ich mag den Gedanken nicht, dass ein Mann wie Donald Trump gewählt worden ist, um unser Land zu regieren. Er ist ein Mann, der zu unbeherrscht ist, um ein Land wie die Vereinigten Staaten zu führen. Er und der Präsident von Nordkorea, das sind zwei Jungen, die nach dem Motto „tit for tat“ – nach dem „Wie du mir, so ich dir“-Prinzip – handeln. Wenn der eine den Knopf drückt, tut's der andere auch und dann – puff! Mit ihm kehrt das böse Gesicht der Bigotterie zurück, das des Glaubens an die weiße Überlegenheit. All das, was wir in den Tagen von Martin Luther King bekämpft haben, als wir für die gleichen Rechte aller Menschen auf die Straße gegangen sind.

Wie würden Sie die Stimmung in Ihrem Land nach der Wahl beschreiben?

Marrow: Es fühlt sich so an, als würden die Menschen den Atem anhalten. Wie konnte es zu diesem Wechsel kommen? Das kann nicht mit rechten Dingen zugegangen sein! Ich glaube, dass man da dran gedreht hat, dass an der Elektronik, mit der ausgezählt wurde, etwas manipuliert worden ist.

Sie haben schon vor einigen US-Präsidenten im Weißen Haus gesungen – würden Sie das auch vor Donald Trump tun?

Marrow: (richtet sich dabei hoch auf und artikuliert sehr deutlich) No, Ma’ am! No way! Never ever!

War es schwer, das Programm für die letzte Tournee zusammenzustellen?

Marrow: Ja, war es. Aber wir haben einige großartige Songs, die dem, was in der Welt los ist – einer Welt, in der es immer mehr Gewalt gibt und immer mehr Organisationen, die Hass-Parolen gegen Menschen verbreiten –, etwas Positives entgegensetzen. Die vom Glauben an die Liebe, an Frieden und Glück handeln, davon, dass man das gemeinsam verwirklichen kann. Ich bitte Gott vor jedem Konzert, mir zu erlauben, seinen Geist weiterzugeben und uns alle damit zu berühren. Die einzige Chance, die wir haben, ist Gott und die Chance, die er uns gegeben hat.

Werden neue Sänger dabei sein?

Marrow: Nein. Alle Sänger und auch die Musiker der Band waren schon mit mir unterwegs. Am längsten dabei ist Anthony (Evans, Pianist und musikalischer Leiter der Produktion) – er begleitet mich schon seit zwanzig Jahren. Mein neuestes „Baby“ ist Jahlisa (Norton), eine Altistin, die seit 2013 dabei ist. Insgesamt sind es drei Sängerinnen und drei Sänger, hinzukommen die sechs Musiker der Band.

Wenn Sie zurückblicken auf Ihr Leben – was denken Sie da?

Marrow: Dann empfinde ich große Dankbarkeit. Es war eine großartige Sache. Ich habe so viel gelernt und so viele wundervolle Menschen kennengelernt, Sänger und Musiker und auch viele andere.

Gibt es etwas, was Sie heute anders machen würden?

Marrow: Ich würde es genauso machen, aber ein bisschen anders doch. Ich wünschte, ich hätte Musik studiert und könnte für mich selbst spielen, mich selbst begleiten, und besäße die Möglichkeit, Stücke zu orchestrieren.

Beim Karrierestart nannten Sie sich nur Esther, ohne Queen – warum?

Marrow: Wenn man vom Land kommt, so wie ich, dann spielt man als Kind viel draußen. Und wenn es Zeit zum Essen war, dann rief meine Großmutter aus dem Fenster über die Häuser hinweg: „Queeeeeeeeeeeen Es-ther, Zeit zum Essen.“ Das hatte ich am Anfang immer noch im Ohr. Später habe ich dann aber doch die Queen wieder hinzugefügt, schließlich ist das ja mein richtiger Name.

Sind Sie immer noch so tief verwurzelt mit Ihrer Heimatstadt Newport News?

Marrow: Es ist nicht mehr so, wie es mal war. Das Leben dort hat sich stark gewandelt, die Nachbarn sind andere, nicht mehr die, die ich von klein auf kannte. Sicher, dort war mein Zuhause, auch unser altes Haus ist noch da und die Erinnerungen, aber es ist heutzutage nicht immer leicht, den Leuten in Newport News zu erklären, was ich da so in New York mache.

Wie werden Sie Weihnachten feiern?

Marrow: Wie jedes Jahr. In Mannheim. Mit einer großen Weihnachtsparty, zusammen mit meinen Babys und allen, die sonst noch zum Team gehören und mit guten vielen Freunden. Wir werden essen und trinken, reden, singen und feiern – und am nächsten Tag treten wir dann im Mannheimer Rosengarten auf.

Am Montag, 2. Januar, 16 und 20 Uhr, singen Queen Esther Marrow und ihr Chor in der Kölner Philharmonie. Am 30. und 31. Januar sowie am 1. Februar (Abschlusskonzert), jeweils 20 Uhr, im Kölner Musical Dome. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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