Varieté-Kritik „Circque de Tuque – In Between“ im Pantheon

Bonn · Das Varietéspektakel „Circque de Tuque – In Between“ startet mit Schwächen im Pantheon. Auch die Komik hält sich in Grenzen.

 Kimmo Hietanen als Katie in Aktion. FOTO: THOMAS KÖLSCH

Kimmo Hietanen als Katie in Aktion. FOTO: THOMAS KÖLSCH

Foto: Thomas Kölsch

Die Kontraste sind groß an diesem Abend. Hier lyrische Nummern, die das Publikum verzaubern und für ein paar Augenblicke zum Träumen anregen; dort Männer in Stöckelschuhen, die mit affektierten, fast schon tuntigen Manierismen eine weitaus grellere Bühnensprache pflegen.

Zwischen diesen Polen schwankt das Varietéspektakel „Circque de Tuque – In Between“, das noch bis zum 26. August im Pantheon zu sehen ist und das einmal mehr einige exzellente junge Artisten nach Bonn geholt hat und nun versucht, die unterschiedlichen Ansätze miteinander zu verschmelzen. Was leider nur bedingt funktioniert.

Denn so stark auch einige Einzeldarbietungen sind, so unterhaltsam sie auch im jeweiligen Moment wirken, fehlt es doch an einer konsequenten, stringenten Gesamtdramaturgie, die aus der Show mehr macht als eine Nummern-Revue zwischen Travestie und Poesie.

Welchen Tenor das Varietéspektakel und sein rein männliches Ensemble mit „Circque de Tuque“ anschlagen will, bleibt bis zur letzten Minute unklar. Trotz Crossdressing und Drahtseil-Akrobatik auf High Heels gibt es sich weder frech noch frivol, kokettiert noch nicht einmal augenzwinkernd mit gängigen Schwulen-Klischees – und die in den Moderationen angedeuteten Kindheitsfantasien sind ohnehin weitgehend aus der Luft gegriffen. Auch die Komik hält sich in Grenzen, so sehr Moderator und Zeremonienmeister Stephan Masur sich auch bemüht; andererseits ist gerade er es, der exemplarisch ständig zwischen den Stilen wechselt, mal auf Mitmach-Comedy setzt und dann wieder mit seinen Seifenblasen ganz leise wird.

Leider harmoniert beides nicht so recht miteinander, weder bei Masur noch bei den anderen Künstlern. Den fantastischen Zauberkunststücken von Mika Chao, der unter anderem mit viel Gefühl ein Tuch in einer Flasche tanzen lässt und damit einen wahrhaft magischen Moment erschafft, oder der prägnanten Choreographie von Gummimensch Kalle Pikkuharjiu stehen etwa die irritierenden Schlapp- und Springseil-Nummern von Kimmo Hietanen gegenüber, der im Mädchenkleid und mit Schleife im Haar verzweifelt versucht, kindlich zu erscheinen. Und doch nur kindisch wirkt. Hinzu kommen andere Schwächen der Inszenierung, vor allem zu Beginn der Show, die sich dank belangloser Tanzdarbietungen, einer konturlosen Bodenakrobatik und einer unglücklichen Setzung der Nummern zunächst wie Kaugummi zieht und erst langsam in Fahrt kommt. Schade. Regisseur David Severins hätte hier eine klarere Linie fahren müssen, um das Potenzial der Künstler voll auszuloten. Immerhin: Zum Staunen animiert „Cirque de Tuque“ dennoch. Nur eben nicht zum Träumen.

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