Zustand der Bahnhöfe: Doppelt peinlich

Lautsprecherdurchsagen auf rheinischen Regionalbahnhöfen finden bekanntlich nur gelegentlich statt, deshalb hier schriftlich eine wichtige Information "für alle, die Ziele haben" (Eigenwerbung des VRS):

Lautsprecherdurchsagen auf rheinischen Regionalbahnhöfen finden bekanntlich nur gelegentlich statt, deshalb hier schriftlich eine wichtige Information "für alle, die Ziele haben" (Eigenwerbung des VRS): Achtung, Achtung, wenn Sie schwere Koffer mit sich führen, wenn Ihr Nachwuchs noch im Kinderwagen sitzt, wenn Sie gehbehindert oder gar im Rollstuhl unterwegs sind - dann nutzen Sie bitte Ihr Auto oder ein Taxi, aber verzichten Sie auf Zugfahrten. Selbst wenn Sie an Ihrem Startbahnhof einen Aufzug oder eine Rampe finden, können Sie sich nicht darauf verlassen, dass es an Ihrem Ziel genauso ist.

Das gilt auch heute noch, im Mai 2011, zehneinhalb Jahre nach Vorstellung der ersten von zwei "Modernisierungsoffensiven" von Land und Bahn in in NRW. Unser Bahnhofstest zeigt: Es ist zwar einiges investiert worden. Es gibt moderne, saubere und behindertengerecht ausgestattete Bahnhöfe, aber sie sind eher zufällig übers Netz verstreut.Aufzüge fehlen selbst in einer so großen Station wie Bonn-Bad Godesberg und sogar an den meisten Bahnsteigen des ICE-Bahnhofs Köln Messe/Deutz.

Das ist auch kein Wunder. Die beiden "Modernisierungsoffensiven" bevorzugen, wie es in NRW zum Landesbrauchtum gehört, den Großraum Rhein/Ruhr. Allein 13 Düsseldorfer Bahnhöfe profitieren von der zweiten "Modernisierungsoffensive", aber nur ein Kölner und kein Bonner. Die Investitionen in Düsseldorf erfolgen, weil im Rhein-Ruhr-Gebiet seit den 60er Jahren ein dichtes S-Bahn-Netz errichtet wurde, das nun in die Jahre gekommen ist und saniert werden muss.

Logisch, nicht? Im Raum Köln/Bonn existieren dagegen nur Fragmente eines solchen Netzes, und selbst die Verlängerung einer einzelnen Linie wie der S13 wird immer wieder vertagt. Ebenfalls logisch, dass sich einstweilen an den Bahnhöfen längs der geplanten Trasse nichts tut.

Geld fehlt auch für Großvorhaben wie den Ausbau des Knotens Köln, über den alle Fern- und die meisten Nahverkehrszüge der Region fahren. Stadtplaner fabulieren von Laufbändern, Computersimulationen zeigen den "Rhein-Ruhr-Express". Realität wird das alles wohl nur am St. Nimmerleinstag, und bis dahin sind nicht einmal ein paar Eimer Farbe für manches Bahnsteigdach drin.

Es ist doppelt peinlich, wie die Bürger einer Region einerseits bei der Vergabe öffentlicher Mittel benachteiligt, andererseits mit Phantasieprojekten vertröstet werden. Wenn wenigstens dieses Doppelspiel enden würde, käme man etwas weiter. Das Dieselnetz der Region etwa ist gerade für 20 Jahre vergeben worden. Damit sind hier bis auf weiteres alle S-Bahn-Pläne dahin, und man könnte die betroffenen Bahnhöfe in Ordnung bringen und dem zu erwartenden Verkehrsalltag anpassen. Das wäre ein bescheidenes Ziel, aber immerhin ein Ziel.

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