Kommentar Wiederwahl von Fifa-Präsident Sepp Blatter - Machtlos

Die Wiederwahl von Sepp Blatter zum Fifa-Präsidenten sorgt rund um den Erdball für Aufregung. Politiker schalten sich ein, schreien Zeter und Mordio, aber müssen gleichzeitig ihre Machtlosigkeit eingestehen.

Egal, ob der britische Premierminister David Cameron konkret und öffentlichkeitswirksam Blatters Rücktritt fordert - oder Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Ende der Korruption und mehr Transparenz: Einfluss haben sie nicht. Den hat keine Nation, keine Staatengemeinschaft. Das ist deutlicher denn je.

Der 79-jährige Schweizer hat sich ungeachtet der nachgewiesenen Korruption bei der Vergabe von Weltmeisterschaften während seiner Amtszeit bereits in seine fünfte Vier-Jahres-Periode als Chef des Weltfußballverbandes gerettet. Das funktioniert, weil er sich eine Wagenburg gebaut hat, die vor allem der Absicherung seiner Macht dient. Sie hat die Gestalt eines Schweizer Vereins, sichert somit weitgehende Steuerbefreiung und auf weiten Feldern rechtsfreien Raum.

Dennoch verfehlte Blatter die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in der ersten Wahlrunde und erhielt somit erstmals einen Warnschuss vor den Bug. Der Mann, der voller Zynismus, den er selbst für Humor hält, erklärt, er befinde sich gelegentlich im Zwiegespräch mit Gott: Er wird es allenfalls als Majestätsbeleidigung auffassen.

Selbstverständlich ist es ein Skandal, was dieser Tage in Zürich geschieht. Es spricht den angeblichen Selbstreinigungskräften im Fußball Hohn. Verhaftungen? Blatter lächelt sie weg und geriert sich nicht nur als Saubermann, sondern perfiderweise sogar noch als Aufklärer. Alles zum Wohle des Fußballs, betont er immer wieder, für die Werte des Sports. Dabei ist er auf dem besten Weg, dem weltweiten Volkssport Nummer eins einen gewaltigen Imageschaden zuzufügen.

Blatter gibt vor, er habe nichts von Bestechungen im Zusammenhang mit der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 an Russland und Katar gewusst. Ihm das zu glauben, hieße ihn für dumm zu verkaufen. Denn das Gegenteil dessen ist er: hochintelligent. Er weiß: Solange er die Zustimmung der Mehrheit der 209 Fifa-Mitgliedsländer hat, kann ihm nichts passieren. Denn jeder Verband hat eine Stimme: Die Komoren und Andorra genauso wie England und Deutschland.

Angesichts bröckelnder Blatter-Zustimmung - beispielsweise wendeten sich die USA, Kanada, Australien und Neuseeland ab - haben die Europäer eine große Chance verpasst, den Erdrutsch auszulösen. Die Uefa beließ es bei einer laschen Boykottandrohung.

Einen Schlüssel, das System Blatter aufzubrechen, halten aber allenfalls die Sponsoren in der Hand. Deren Aufschreie fielen nach den jüngsten Enthüllungen leider überschaubar aus. Sie müssten der Fifa den Geldhahn zudrehen. Das ist wohl die einzige Sprache, die Machtmensch Blatter und seine Günstlinge verstehen.

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