Kommentar Wahl in der Ukraine - Kein Vertrauen
Die Bilanz dieser Wahl in der Ukraine ist auch nach den offiziellen Zahlen eine offenkundige: Die Ukrainer haben jeden Bezug zu ihren Politikern verloren. In Kiew reagieren die Menschen geradezu gleichgültig.
Auch wenn mehr als die Hälfte von ihnen abstimmte, wie es die Zentrale Wahlkommission glauben macht, viele taten das ohne klare Position und entschieden sich, wie sie betonten, für das "kleinere Übel". Mag das für die einen die regierende "Partei der Regionen" um Präsident Viktor Janukowitsch, für die anderen die "Vereinigte Opposition" um die inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko sein.
Vertrauen haben die wenigsten Bürger in ihre Vertreter, ob in die Machtinhaber oder in die Regimekritiker. Zu sagen hat das Parlament, seit Janukowitsch Präsident ist, ohnehin nicht mehr viel.
Der eigentliche Sieger dieser Wahl ist der Boxer und Neu-Politiker Vitali Klitschko, der genau von dieser ermüdenden Rivalität zwischen Janukowitsch und Timoschenko profitiert. Sein politischer Kampf beginnt aber erst jetzt.
Wenn seine Partei es schafft, sich in den Mühlen der Parlamentsarbeit das vom Wahlvolk geschenkte Vertrauen aufrechtzuerhalten, hat die Ukraine tatsächlich eine Chance, den Weg nach Europa zu finden, wo ein Assoziierungsabkommen mit der EU auf sie wartet. Sonst ist auch dieses Stück wiedergewonnenen Aufbruchs schnell dahin, und die Menschen fühlen sich bestätigt in ihrer Denkweise von den "Banditen an der Macht".