Kommentar Unabhängigkeitsstreben der Katalanen: Tief gedemütigt

Der Unabhängigkeitskonflikt in Katalonien treibt einen Keil in das spanische Königreich. Der Graben zwischen der eigenwilligen Mittelmeerregion und dem restlichen Spanien wird seit Jahren tiefer.

Wie konnte es so weit kommen? In einem Europa, das doch eigentlich zusammenwachsen und nicht neue Grenzen errichten will? In einer EU, die nun übrigens erstmals mit der Situation konfrontiert wird, dass ein Mitgliedsstaat sich tatsächlich in zwei Nationen aufspalten könnte? Übertriebener Nationalismus, der blind macht für die wahren gesellschaftlichen Probleme und auch Kataloniens Unabhängigkeitsparteien ernährt, spielt bei derartigen Konflikten immer eine Rolle. Aber im Falle der wachsenden Entfremdung zwischen Katalonien und Spanien kommt noch ein entscheidendes Element hinzu: Der völlig Mangel an Dialogbereitschaft und Diplomatie auf spanischer Seite.

Jahrelang sind die Katalanen, die seit Jahrhunderten ihre eigene Sprache sowie Kultur pflegen und die wirtschaftsstärkste Region Spaniens geschaffen haben, von der konservativen Zentralregierung in Madrid gedemütigt worden. Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy, der alle Rufe nach mehr Anerkennung, Mitsprache und Selbstverwaltung mit einem kalten "No" abschmetterte, hat diese Krise kräftig angefacht.

Dass die Katalanen im Herzen keine Fanatiker, sondern freundliche und offene Zeitgenossen sind, wissen Millionen von ausländischen Urlaubern, die jedes Jahr in der Region Ferien machen. Für sie dürfte sich auch nach einer Abspaltung langfristig nicht viel ändern.

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