Türkei nach der Wahl - Neue Ungewissheit

ISTANBUL · Die Türken wollen keine übermächtige Regierungspartei und auch keinen übermächtigen Präsidenten. Der große Verlierer der Wahl heißt deshalb Recep Tayyip Erdogan.

Der 61-jährige Staatschef hatte im Wahlkampf die Spielregeln gebrochen, indem er sich trotz Neutralitätspflicht als Präsident für die AKP in die Schlacht warf. Er wollte von den Türken ein Mandat haben für einen weitreichenden Umbau der Türkei von einem parlamentarischen hin zu einem präsidialen System mit vielen neuen Machtbefugnissen für sich selbst. Die Wähler haben ihm dieses Mandat verweigert.

Erdogan und die AKP werden den Wahlausgang erst einmal verdauen müssen. Interne Konflikte in der Regierungspartei könnten ausbrechen, auch weil Erdogans Nimbus der Unbesiegbarkeit dahin ist. Schon vor der Wahl wurde in der AKP Kritik an Erdogan laut.

Für Investoren und die westlichen Partner der Türkei könnte das Wahlergebnis neue Ungewissheit bergen. Die Arroganz und Selbstgerechtigkeit der AKP der vergangenen Jahre haben zwar einen erheblichen Schlag erhalten, doch die Bildung einer neuen Regierung wird schwierig.

Die Wähler haben der AKP klar zu verstehen gegeben, dass sie Erdogans Haltung mit seinen Eingriffen in die Justiz, seinen Attacken auf die Presse und dem Fehlen jeglicher Selbstkritik ablehnen. Die Türken wollen eine neue Regierung. Welche Parteien auch immer das neue Kabinett stellen: Sie sollten die richtigen Schlüsse aus der Wahl ziehen und die Reformpolitik früherer Jahre neu beleben.

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