Kommentar Trojanische Helfer

Donezk · Russlands Entscheidungsträger zeigen auch in weltpolitisch gar nicht witzigen Momenten eine Neigung zu - unfreiwilligem - Humor.

Der Hilfskonvoi für die Ostukraine, der von Dienstagmorgen bis zumindest Donnerstagabend nicht den Weg zur ukrainischen Grenze finden wollte, wird im Netz und anderswo als "humanitäre Geisterhilfe" belächelt, oder als mit waffenstarrenden russischen Spezialkämpfern überfüllte "trojanische Hilfsmission". Solche Scherze haben mit der Realität wohl so viel gemeinsam wie die lautstarken offiziellen Befürchtungen Kiews, dass russische Geleitsoldaten im Windschatten der humanitären Hilfe ins umkämpfte Donbass einsickern wollen.

Vor Ort besteht kein Zweifel, dass ganze Infanteriekompanien und selbst schwere Panzer die grüne Grenze Russlands zum Kriegsgebiet jederzeit problemlos überschreiten können. Und das auch schon getan haben.

Die Lastwagenkolonne aus weiß gestrichenen Militär-Lkw scheint eher eine ganz andere, psychologische Funktion zu haben. Der Kreml will demonstrieren, dass seine Streitmacht liebend gern mit Friedenspalmen unterwegs ist. Und sich dabei weder vom Roten Kreuz noch der ukrainischen Regierung vorschreiben lässt, wo, wann und unter welchen Bedingungen man seine Liebesgaben über die Grenze bringt. Auch wenn das Kiew nur noch mehr in Harnisch bringt, zumindest das Heimpublikum soll sehen, wie breitbeinig die Staatsmacht weiter unterwegs ist, auch in der benachbarten Ukraine. Und dass sie sich nicht um deren staatliche Souveränität schert.

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