Kommentar Tragödien

Und wieder ist die dunkle Geschichte ungesühnter Polizeiübergriffe gegen Schwarze in Amerika um ein Kapitel länger: Der Würger in Uniform, der im Sommer einen übergewichtigen, asthmatischen Mann wegen eines Bagatellverdachts (illegaler Zigaretten-Einzelverkauf) mit Todesfolge in den Schwitzkasten-Griff nahm, geht straffrei aus.

Obwohl das Opfer mehrfach nach Hilfe röchelte ("Ich kriege keine Luft mehr") und der vollkommen unangemessene Polizeieinsatz auf einem, sieben unerträgliche Minuten langen, Video festgehalten wurde, hat eine Geschworenen-Jury keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Anklage gefunden. Selten hat sich die US-Justiz als so unfähig und schäbig erwiesen.

Für das schwarze Amerika ist damit - wenige Tage nach Ferguson, Cleveland und anderen im Prinzip vergleichbaren Fällen - einmal mehr der Beweis erbracht, dass der Staat im Zweifel sein elementarstes Recht nicht zu schützen gewillt ist: das Recht auf Unschuldsvermutung, Unversehrtheit und Gerechtigkeit.

Wenn aber jede Zufallsbegegnung mit der Ordnungsmacht im Handumdrehen eskalieren und tödlich enden kann, läuft etwas grundsätzlich schief im Verhältnis zwischen Polizei und Bürger. Und wenn von solchen Tragödien überproportional oft Afro-Amerikaner betroffen sind, liegt der Rassismusverdacht nahe.

Dass der Skandal diesmal nicht im Hinterwald Amerikas geschah, sondern auf dem weltoffenen Präsentierteller New York, setzt die politisch Verantwortlichen doppelt unter Druck.

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