Kommentar Taliban-Anschlag - Tiefe Zwietracht

Wenn bei politischen Konflikten die Frage von Verhandlungen im Raum steht, gibt es regelmäßig auch mehr Kämpfe. Denn jede Seite will dann ihre Verhandlungsposition stärken, und das ist auch in Afghanistan in diesen Tagen nicht anders.

So gesehen war der Angriff auf das Parlament in Kabul spektakulär aber nicht weltbewegend.

Doch je länger die Regierung am Hindukusch auf sich alleingestellt ist, desto stärker drängt sich die Frage auf, was die westlichen Militärs von 2001 bis 2014 eigentlich geritten hat.

Sie schufen afghanische Sicherheitskräfte von rund 330.000 Mann, die Kabul gar nicht finanzieren kann. Sie halfen bei der Ausbildung von afghanischen Spezialkräften, denen die radikalislamischen Talibanmilizen nichts entgegenzusetzen haben. Aber die Elitesoldaten erhielten Trainingshubschrauber, die beim kleinsten Treffer vom Himmel fallen. Die Spezialeinheiten müssen häufig deshalb tagelang auf Lastwagen zu ihrem nächsten Einsatz fahren.

Bereits ein halbes Jahr nach dem Abzug der Nato-geführten Truppen wird immer klarer: Nicht einmal das Verspeechen von Stabilität lässt sich halten. Bislang gibt es unter der Herrschaft von Präsident Ashraf Ghani mehr Korruption als unter seinem korrupten Vorgänger Hamid Karsai. Manche Minister wurden erst ins Amt gewählt, nachdem sie für die Stimme eines Abgeordneten Jobs für Dutzende von Verwandten versprochen hatten.

Die Führung in Kabul kann froh sein, dass auch die Taliban Konkurrenz durch den Islamischen Staat bekommen.

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