Kommentar Stumpfe Waffe

Als Sündenbock hat die Europäische Zentralbank (EZB) Hochkonjunktur. Die obersten Euro-Währungshüter werden nicht nur in Deutschland gerne für die Schieflage der Währungsunion verantwortlich gemacht. Sie gelten wahlweise als willfährige Helfer der Südländer, die den Bürgern im Norden durch Niedrigzinsen oder Anleihen-Aufkäufe das Geld aus der Tasche ziehen oder als Ausbeuter im Dienste der Finanzeliten, die den notleidenden Mittelmeerstaaten nicht genug Hilfe gewähren.

Doch die Beschuldigungen weisen in die falsche Richtung. Die Verantwortung für die Euro-Krise trägt in erster Linie die Politik. Der EZB bleibt nun keine andere Wahl, als sich um Schadensbegrenzung zu bemühen. Die gestrige Zinssenkung ist nichts anderes. Genau wie die anderen wichtigen Notenbanken in den USA, in Japan und Großbritannien, versuchen die Europäer durch niedrigen Zinsen und Milliardensummen, die sie in ihre Volkswirtschaften pumpen, das Vertrauen wieder herzustellen und die Konjunktur anzukurbeln. Sie haben keine Wahl.

Was allerdings viel mehr Sorge bereiten sollte als die angeblichen bösen Absichten der Notenbanker: Ihre Waffen sind stumpf geworden. Bisher haben die Niedrigzinsen weder in Japan noch in Europa die Wende bringen können. Die Finanzkrise ist längst nicht überwunden, auch wenn Deutschland sie kaum zu spüren bekommt.

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