Kommentar Streit um Zuwanderung - Berlin unter Druck

Falls die EU-Kommission gedacht haben sollte, sie könne die Diskussion um Sozialleistungs-Missbrauch mit diesem schönenden Leitfaden besänftigen, hat sie sich getäuscht. Das Papier stellt kaum mehr dar als eine Sammlung längst bekannter Positionen aus diversen Richtlinien und Fragen, die schon lange zwischen den Mitgliedstaaten geregelt sind. Nach der Wucht, mit der der Streit um Hartz-IV-Zahlungen für Zuwanderer hochgekommen ist, hätte man sich eine fundiertere Reaktion gewünscht.

Berlin und Brüssel liegen weit auseinander. Deutschland will an dem generellen Nein zu Zahlungen innerhalb der ersten Monate sowie bei Arbeitslosigkeit festhalten, Brüssel besteht auf Einzelfallprüfungen und steuert dazu berücksichtigenswerte Ausnahmen bei. Beides passt nicht zusammen. Vor dem Hintergrund des beginnenden Europa-Wahlkampfes haben beide Seiten sich selbst keinen Dienst erwiesen. Denn der Streit bedient die Falschen, weil er Wasser auf die Mühlen der EU-Kritiker sowie der Rechten ist.

Dabei steht die Bundesrepublik deutlich mehr unter Druck als die Kommission, die ohnehin weiß, dass sie in sozialpolitischen Fragen keine Zuständigkeit hat. Deutschland aber erfährt derzeit immer wieder, wie weit sich Gerichte von dem pauschalen Ausschluss der begehrten Hartz-IV-Zahlungen entfernen und Betroffenen eben doch Leistungen zusprechen. Sollte dann auch noch ein entsprechender Spruch des Europäischen Gerichtshofes dazu kommen, wäre die Bundesregierung gezwungen, ihre strikte Linie zu überdenken.

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