Kommentar Sicherheitspolitik - Ziemlich beste Freunde

Es gibt Partnerschaften. Und es gibt Krisen. Es gibt Partnerschaften, die wachsen in Krisen. Und es gibt Krisen, die werden in Partnerschaft gelöst. Wenn sich die Nordamerikaner und die (NATO-)Europäer ihre gemeinsame Geschichte angucken, bekommen sie den Beleg für die eigene Krisenfestigkeit schnell geliefert.

Die NATO hat nach dem Ende des Kalten Krieges gerade nicht mit dem Verlust des Gegners auch ihre Bedeutung und Existenzberechtigung verloren. Im Gegenteil: Sie ist gewachsen, qualitativ und quantitativ. Und so werden es die europäischen Partner auch verkraften, wenn die NATO-Führungsmacht USA die eigene Interessensphäre weitet und sich künftig stärker in den asiatisch-pazifischen Raum orientiert.

Die Amerikaner machen dabei nichts anderes als die Europäer auch: Sie schauen sich um in der Welt. Sie tun dies im sicheren Wissen, dass ihnen das alte Europa als ältester Freund und Partner nicht verloren geht.

Zur Befriedung oder zur Lösung der Krisen dieser Welt werden die USA und Europa noch gebraucht. Dringend. In Syrien haben Europäer und Amerikaner jedes Interesse, dass das Land in Auflösung nicht einen Flächenbrand verursacht, bei dem jede Feuerwehr kapitulieren müsste und der auch noch den NATO-Partner Türkei erfasst.

Machthaber Baschar Assad hat längst jegliche Legitimation verloren. Doch in der unübersichtlichen syrischen Oppositionskoalition tummeln sich neben demokratisch orientierten Kräften auch radikalste Religionskrieger, denen das Chaos eines Bürgerkrieges die Chance gibt, eine Basis für einen Gottesstaat aufzubauen.

Ein Blick nach Ägypten genügt. Aus dem arabischen Frühling ist mancherorts ein arabischer Winter geworden. Doch die USA und Europa brauchen hier Partner. Ohne die Vetomächte Russland und China im Weltsicherheitsrat wird es kaum gehen.

Und auch im Falle des iranischen Atomprogramms, wo die fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder plus Deutschland zusammenarbeiten, wird nur ein gemeinsames Agieren die Staatengemeinschaft einer Lösung näher bringen.

Weder die USA noch Russland noch China noch die Europäer wollen Nuklearwaffen im Besitz des Regimes in Teheran. Dass US-Vizepräsident Joe Biden auf der Münchner Sicherheitskonferenz Iran bilaterale Gespräche angeboten hat, wenn, ja wenn die Machthaber in Teheran ein echtes Angebot auf den Tisch legen, schafft neuen Spielraum. Die Chance ist jetzt da.

Die USA und deren Partner auf der anderen Seite des Atlantiks wissen, was sie einander haben. Die Welt hat sich verändert. Die transatlantische Partnerschaft ist davon nicht unberührt geblieben. Nur wer sich verändert, bleibt sich treu?

Dann müssen sich die USA und Europa nicht sorgen. Denn sie sind ziemlich beste Freunde.

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