Russland: Moskaus Mittelfinger

Russlands Rechtsprechung ist ja berüchtigt. Gerade, wenn es um Politik geht. Der Ölmilliardär Michail Chodorkowski, der lautstark gegen Wladimir Putin opponiert hatte, landete als Steuergauner und Dieb für über zehn Jahre hinter Gittern.

Zwei Protestsängerinnen der Künstlergruppe Pussy Riot wurden nach einem wilden Tanz in der Moskauer Erlöserkathedrale zu zwei Jahren Straflager verurteilt, mehrere mutmaßliche Steinewerfer bei einer Anti-Putin-Demonstration auf dem Bolotny-Platz bekamen über drei Jahre.

Der Fall des ukrainischen Kinoregisseurs Oleg Senzow aber bricht alle Rekorde der neurussischen Justiz. Senzow wurde als Terroristenhäuptling zu 20 Jahren verschärfter Haft verurteilt. Der patriotisch gesonnene Filmemacher soll Brandanschläge auf die Büros kremlnaher Parteien organisiert und ein Bombenattentat auf ein Lenindenkmal auf der von Russland annektierten Krim geplant haben. Kreml-Herrscher Wladimir Putin persönlich verkündete wiederholt, seine Truppen hätten die Krim besetzt, um deren russischsprachige Bevölkerung vor dem angeblichen Terror angeblicher ukrainischer Faschisten zu retten. Obwohl dieser "Terror" keinem einzigen Krimrussen auch nur ein Haar gekrümmt hatte. Mit Senzow wurde ein halbwegs prominenter Krimdissident als mordlustiger Anarcho vor Gericht gezerrt, um das eigene Publikum zu gruseln, alle Andersgesinnten aber zu schrecken. Auch dem Westen mit seiner Rechtsstaatlichkeit hat Moskau erneut den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt, höher gereckt denn je.

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