Kommentar Radfahren und Alkohol - Ein Anachronismus

Das kann eigentlich nur ein schlechter Scherz sein, aber es ist bittere Realität: Fürs Radfahren gilt in Deutschland eine Promillegrenze von 1,6. Das heißt nichts anderes als: Es ist in dieser Republik erlaubt, sich sturzbetrunken auf zwei Rädern fortzubewegen.

Strafrechtlich mag das schief sein, aber man ist versucht, diese Bestimmung als staatliche Beihilfe zur Körperverletzung zu bezeichnen. Gut, da kommen die Neunmalklugen, die behaupten, ein besoffener Radfahrer könne nur geringeren Schaden anrichten als ein betrunkener Autofahrer.

Aber kann das ein Grund sein, Alkohol auf zwei Rädern faktisch zu legalisieren? Kann es nicht. Und deshalb ist die Idee der deutschen Innenminister, die Promillegrenze deutlich zu senken, eine überfällige Idee. Allein schon, wenn man bedenkt, dass Radfahrer zwar andere weniger gefährden als Autofahrer, dafür sich selbst aber erheblich mehr.

Außerdem greift diese Art der Debatte natürlich zu kurz. Es kann nicht nur darum gehen, potenziellen Schaden zu bewerten. Es geht auch um eine prinzipielle Ächtung: Alkohol und Straßenverkehr schließen sich aus.

Schlimm genug, wenn die Innenminister die Konkretisierung ihrer guten Idee aus Angst vor Protest scheuen. Warum steht niemand von ihnen auf und fordert die einheitliche Promillegrenze, ganz gleich ob Auto- oder Radfahrer? So kann es gut sein, dass am Ende der Debatte der Kompromiss steht, die doppelte Promillegrenze für Radfahrer zuzulassen. 1,0 statt 0,5. Das ist dann deutlich besser als heute, aber immer noch schlecht.

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