Kommentar Plagiats-Vorwurf gegen Schavan - Person und Gewissen

"Es trifft mich. Es trifft mich im Kern. Es trifft den Kern von dem, was mir wichtig ist." Die entrüstete Reaktion der Bildungsministerin Annette Schavan auf erheblich verschärfte Plagiats-Vorwürfe gegen ihre 1980 eingereichte Dissertation beinhaltet in der Tat den Kern des Problems.

Sicherlich anders als von der CDU-Politikerin gemeint. Denn, sollte sich erhärten, was ein Universitäts-Gutachter "das charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise" nennt und mit 60 Plagiatsstellen auf 351 Seiten der Dissertation zu belegen versucht, haben wir einen zumindest politisch weit schlimmeren Fall als die zurückliegenden Plagiatsaffären von zu Guttenberg bis Mathiopoulos: Eine Bundesministerin für Bildung und Forschung mit einer offenbar nachgewiesenen "leitenden Täuschungsabsicht" beim Verfassen ihrer Dissertation - das ist eigentlich undenkbar.

Und für den Wissenschaftsstandort Deutschland nicht tragbar. Schavan selbst hat die Latte der akademischen Lauterkeit immer wieder hochgelegt, was richtig war. Zu Guttenberg bekam etwa ihre moralische Härte zu spüren: Sie schäme sich, "nicht nur heimlich", meinte sie damals.

Mit ihrem Dissertationsthema "Person und Gewissen", unter dem sie die Gewissensbegriffe von Kant bis Freud analysierte, hat sie sich vielleicht doch zu weit aus dem Fenster gelehnt. Und es dabei mit dem eigenen Gewissen möglicherweise nicht so genau genommen. Sie sei "damals bei Freud noch ziemlich verdruckst" gewesen, versucht die CDU-Politikerin ihre beachtlichen Zitier-Fehler zu erklären. Überzeugend klingt das nicht.

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