Kommentar Pferdefleisch-Skandal - Gewissens-Frage
Die Details will sich niemand auf der Zunge zergehen lassen, aber sie sind viel zu abenteuerlich, um sie einfach unter den Tisch fallen zu lassen: Da werden Pferde in Rumänien, über deren Haltung wir nichts wissen, geschlachtet und quer durch Europa verwurstet.
Nach Stationen in Zypern, Frankreich und Holland kommen sie - falsch etikettiert - als Rinder-Lasagne in unsere Supermärkte. Ja, wir brauchen mehr Kontrollen in der Lebensmittelindustrie. Und natürlich kann auch das beste Prüfsystem nicht verhindern, dass irgendwo in dieser langen Verarbeitungskette Betrüger Kontrollen umgehen, Dokumente fälschen, Tiere in unwürdigen Bedingungen halten und schlachten.
Doch eigentlich sind wir es, die die größten Gewissensbisse haben sollten. Die Mogel-Lasagne haben die Supermärkte mittlerweile aus dem Sortiment geräumt. Das Hauptproblem aber liegt dort auch weiter aus: Frikadellen für 20 Cent das Stück. 16 Würstchen für zwei Euro. Ein Braten für die ganze Familie für unter fünf Euro. Solange wir solche Dumpingpreise für Supermarktfleisch zahlen und sogar einfordern, dürfen wir uns nicht empören, wenn Lieferanten ihre Kosten auch mit kriminellen Mitteln drücken.
Dabei haben wir längst Alternativen: Überall gibt es Metzger, die mit Höfen aus der Region zusammenarbeiten statt Fleisch aus Osteuropa zu ordern. Wir können auch Supermärkte kritisch hinterfragen, die uns Milch, Eier und Koteletts zu unrealistischen Kampfpreisen hinterher schmeißen. Und wir können uns selbst prüfen: Muss es wirklich ein Döner oder Burger sein, wenn wir einen billigen Sattmacher suchen?