Kommentar zum Anti-IS-Einsatz Nur mit Bodentruppen

Kairo · Es ist eigentlich der Grundsatz jeder militärischer Planung, nach dem strategischen Ziel einer Aktion zu fragen. Aber bei den jetzigen Luftschlägen in Syrien ist genau dieses Ziel nicht wirklich definiert.

Schlimmstenfalls führen die Luftschläge dazu, dass sich die IS mehr auf eine Guerilla-Taktik verlegt und damit wesentlich schwerer zu bekämpfen ist.

Welches Ziel verfolgen also die Luftangriffe in Syrien? Soll erreicht werden, dass weniger Flüchtlinge über die Grenzen kommen? Ein zweifelhafter Versuch. Denn die Menschen fliehen nicht nur vor den Dschihadisten des IS, sondern auch vor den Kriegshandlungen.

Soll verhindert werden, dass die internationalen Dschihad-Touristen nach Syrien reisen und später in der Heimat Unheil anrichten? Das lässt sich aus der Luft schlecht erreichen. Eher werden Dschihad-Touristen noch mehr radikalisiert und eher bereit zu Anschlägen sein, wenn sie zurückkehren. Will man den Menschen in der Region helfen? Da muss man wohl eher die Frage stellen, warum man den syrischen Bürgerkrieg jahrelang einfach so hat laufen lassen.

Luftschläge können nur ein Teil einer größeren militärischen Strategie sein, die am Ende auch Bodentruppen beinhaltet. Da kein Land der Welt bereit ist, Truppen nach Syrien zu schicken, wird nun verzweifelt nach "moderaten" syrischen Rebellen gesucht, die man bewaffnen kann. Die gibt es aber nicht. Die Rebellen sind zersplittert und fast alle islamisiert. Ohne Hilfe von außen, blieb den meisten nur noch der Glaube und die Motivation, im Kampf als Märtyrer im Paradies zu enden. So dürfte es schwer werden, in den Reihen der Rebellen einen militärisch potenten und ideologisch geeigneten Partner zu finden, der die Aufgabe von Bodentruppen gegen den IS übernehmen kann.

Ein Kampf gegen den IS kann nicht funktionieren, wenn der Grund für dessen Entstehung unangetastet bleibt. Das Leben unter täglichem Bombardement des Regimes hat dazu geführt, dass ein Teil der Syrer den IS als Erlöser ansieht. Die Ursache zu bekämpfen, bedeutet auch, dass man eine vernünftige politische Alternative zu Baschar al-Assad aufbauen muss. Denn die meisten Syrer, die am Regime festhalten, tun das aus Angst vor dem, was danach passieren könnte.

Sicherlich macht es Sinn, die arabischen Staaten militärisch einzubinden. Und mit dem Einsatz jordanischer, saudischer und emiratischer Luftwaffe beugt Barack Obama dem Vorwurf vor, dass es sich wieder um einen westlichen Kreuzzug handelt. Das Problem dabei ist, dass er dabei den Bock zum Gärtner macht. Denn die undemokratischen arabischen Regime, gerade die Golfstaaten mit ihrem erzreaktionären Islamverständnis, haben einen guten Teil zur Entstehung des IS beigetragen. Insofern sind sie weniger Teil einer kurzfristigen militärischen Lösung als langfristig Teil des Problems.

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