Kommentar Neue israelische Regierung - Vor dem Scheitern

Jerusalem · Verglichen mit seinem deutlichen Wahlsieg vor zwei Monaten dürfte Benjamin Netanjahus Koalition selbst in seinen Augen mehr einer Niederlage gleichkommen. Statt mit komfortabler Mehrheit zu regieren, muss er fürchten, dass dieses rechtsnationale-ultrareligiöse Bündnis schon sehr bald auseinanderbricht.

Oppositionsführer Jizchak Herzog war der Triumph ins Gesicht geschrieben, als er über das "Zirkuskabinett" spottete. Ein gequältes Gesicht machte dabei vor allem Mosche Kachlon. Als neuer Finanzminister ist er angetreten, durch Reformen die Preise im Einzelhandel, die Energiekosten und die Bankgebühren zu senken.

Kachlon ist als Hoffnungsträger gestartet, doch die Enttäuschungen sind vorhersehbar. Alle Vorhaben, die Geld kosten, kann er gleich einstampfen, da Netanjahu schon den religiösen Parteien teure Versprechen gemacht hat. Die Familienleistungen für die kinderreichen Ultraorthodoxen, die zur Wirtschaftsleistung unterdurchschnittlich beitragen, werden wieder ausgebaut. Auch andere Reformen, wie die Wehrdienstpflicht für strengreligiöse Juden, werden ausgehöhlt.

Es ist wahr: Netanjahu hat die Koalition bekommen, die er wollte. Kein Partner wird ihm einen Friedensprozess mit den Palästinensern aufzwingen, den er nicht will. Der Bau jüdischer Siedlungen kann ungehindert weitergehen. In den Arm fallen können ihm nur die USA und die Europäer. Diese werden ihre selbst auferlegte Zurückhaltung nun aufgeben und großen Druck aufbauen, um beide Seiten an den Verhandlungstisch zurückzubringen.

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