Kommentar Neuaufstellung der FDP - Aufschlag Lindner

BERLIN · Außerparlamentarische Opposition. Das ist nicht das geübte Geschäft der FDP. Sie wird es schnell lernen müssen, wenn sie überleben will. Erstmals seit 1949 haben die Liberalen kein Mandat mehr im Bundestag.

 Da geht's lang: der neue FDP-Parteichef Christian Lindner gestern bei seiner Rede auf dem Parteitag in Berlin.

Da geht's lang: der neue FDP-Parteichef Christian Lindner gestern bei seiner Rede auf dem Parteitag in Berlin.

Foto: dpa

Die Wähler haben ihr das übergroße Vertrauen, das sie der FDP bei der Bundestagswahl 2009 mit dem Rekordergebnis von 14,6 Prozent entgegengebracht haben, hart und konsequent entzogen. Jetzt sucht die FDP mit einem Austausch des Führungspersonals eine Neuaufstellung.

Christian Lindner ist damit der dritte FDP-Bundesvorsitzende in nur zweieinhalb Jahren, nachdem 2011 eine Boygroup den langjährigen FDP-Chef Guido Westerwelle aus dem Amt gedrängt hat. Aus heutiger Sicht muss man sagen: Rösler und Gefährten haben damals zwar den Machtkampf gegen Westerwelle gewonnen, aber dann doch flugs die Basis verloren. Das ist für jede Partei der sichere Weg ins Aus.

Dorthin, wo die FDP sich gerade befindet. Rösler hat bald zu spüren bekommen, was es heißt, eine Partei im Bund zu führen, die auch in Regierungsverantwortung ist. Alle Frösche dieser Welt hätten nicht gereicht, ihn in diesem Amt zu halten, weil Rösler erkennbar nicht das Gewicht dafür hatte.

[kein Linktext vorhanden]Jetzt soll Lindner die FDP zurück in den Bundestag führen, nachdem es ihm in Nordrhein-Westfalen gelungen war, die Liberalen vor dem parlamentarischen Abseits zu bewahren. Flotte Sprüche werden nicht genügen. Eine Partei, die inhaltlich leer ist, wird vom Wähler nicht nachgefragt, weil sie in diesem Zustand auch nicht gebraucht wird.

Die Neuaufstellung an der Spitze wird ebenfalls nicht genügen, wenn es dem neuen Führungspersonal nicht gelingt, was Parteien vor allem brauchen: Glaubwürdigkeit. Die FDP hatte 2009 viel versprochen und im Laufe der folgenden vier Jahre an der Regierung im Bund wenig gehalten. Die wenigen Akzente, die sie setzen konnte, waren nicht spielentscheidend und im Fall der Hotelierssteuer bei einem breiten Publikum sogar kontraproduktiv.

Wofür braucht es eine echt liberale Partei? Sie muss für Freiheits- und Bürgerrechte eintreten. Sie muss mehr liefern, als sich publikumswirksam über das Thema der Steuerentlastung zu profilieren, das sie dann nicht erfüllt. Und wenn sich die FDP von ihren Dauerrivalen, den Grünen, unterscheiden will, muss sie die tatsächliche oder vermeintliche Gängelung durch den Staat stärker als bislang als Thema besetzen.

Vor allem aber muss die FDP ihre ideologische oder strategische Einengung auf die Unionsparteien als einzigen Koalitionspartner beenden. Ein Blick nach Hessen hilft weiter: Wenn es dort den Langzeitgegnern CDU und Grünen gelingt, eine neue Gesprächs- und Verhandlungsebene zu schaffen, dann muss sich auch die FDP selbst befreien können. Aufschlag Lindner.

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