Kommentar NSA-Affäre - Bleierne Untätigkeit

Emotional ist diese Entscheidung des Generalbundesanwalts heikel: Da wird er im Fall des angezapften Kanzlerinnen-Handys als oberster Strafverfolger tätig und leitet ein förmliches Ermittlungsverfahren ein.

Aber im Fall des massenhaften Ausspähens von geschäftlicher und privater Korrespondenz der Bundesbürger belässt er es dabei, die Angelegenheit weiter kritisch zu beobachten.

Diese Entscheidung dürfte das verbreitete Unbehagen in der Bevölkerung gegenüber der Haltung der Bundesregierung in Sachen NSA verstärken. In der Öffentlichkeit hat sich der Eindruck verfestigt, dass die Kanzlerin kein Interesse mehr an der Aufklärung des massenhaften Ausspähens durch britische und US-Geheimdienste auf deutschem Boden hat.

Beim letzten Besuch der Kanzlerin in Washington wurde der Streit mit den USA faktisch begraben. Tatsächlich macht es einen zögerlichen Eindruck, dass der Generalbundesanwalt sich erst ein ganzes Jahr nach Bekanntwerden des Skandals dazu durchringen kann, ein Verfahren zu eröffnen. Das hätte man auch früher haben können.

Allerdings muss man genau argumentieren: Dass der Generalbundesanwalt spät handelt, muss man ihm ankreiden. Dass er aber im Fall der Kanzlerin ermittelt und im Fall der Bevölkerung nur beobachtet, hat er rechtlich stringent und ohne rhetorisch-politisches Beiwerk plausibel begründet. Der Skandal liegt weniger auf dem Gebiet des Rechts. Die bleierne Untätigkeit der Bundesregierung schreit zum Himmel. Übrigens: Ob der BND ganz anders arbeitet als die NSA, harrt auch noch der Aufklärung.

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