Kommentar Mögliche Ursachen von Polizeigewalt - Gruppendynamik

Schlimmer kann ein Vertrauensbruch nicht sein. Ein Polizeibeamter soll - jedenfalls scheinen das wohl von ihm verbreitete Handy-Botschaften zu belegen - Beschuldigte misshandelt haben. Jemand, dessen Beruf darin besteht, Menschen zu schützen, quälte demnach gerade jene, die in seiner Obhut waren.

Glücklicherweise sind derartige Vorkommnisse in Deutschland (im Unterschied zu den USA) extrem selten, aber jeder solche Fall ist geeignet, die Grundüberzeugung zu erschüttern, dass unsere Staatsorgane fair und rechtmäßig handeln. Was ist dagegen zu tun? Videoüberwachung in Gewahrsamszellen? Das ist eine vernünftige Maßnahme, sie wird beispielsweise in Köln auch praktiziert, aber machen wir uns nichts vor: Wenn ein Beamter es wagt, anderen Polizisten zynische Kurzmitteilungen über seine Übeltaten zuzustellen, dann wird er auch keine Angst vor dem Kollegen am Monitor haben.

Denn oft handeln Polizisten, die das Recht brechen, im Team - auch in Hannover gab es möglicherweise einen Mittäter - oder werden zumindest vom Team gedeckt. Zwölf Tage lang schwiegen alle Kollegen nach der Misshandlung eines Randalierers in Köln 2002. Erst als der Mann starb, packten zwei Polizisten aus. "Falschaussagen" von Polizisten, so das Landgericht Dessau, haben dazu geführt, dass der Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh 2005 bis heute ungeklärt ist. Solcher unheilvollen Gruppendynamik sollten die Polizeiführungen vorbeugen: durch Schulungen, durch unabhängige Beschwerdestellen und durch die regelmäßige Neuzusammenstellung von Teams.

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