Kommentar Lage in Weißrussland - Keine Wahl

Eine Wahl ist keine Wahl. Es ist eine einfache Formel, die die Menschen in der ehemaligen Sowjetunion verinnerlicht und so mancher nicht in Frage gestellt hatte. Seit mehr als zwei Jahrzehnten existiert das Riesenreich nicht mehr, und doch hat es überlebt.

In den Köpfen, aber auch als Staat im Kleinen - in Weißrussland. Hier ist eine Wahl noch nie eine Wahl gewesen. Das wissen nicht nur die Menschen in Weißrussland, das wissen auch ausländische Beobachter. Hilflos stehen sie da, während der Präsident sich feiern lässt.

Seinem Volk verspricht Alexander Lukaschenko Ordnung und Stabilität, die Fernsehbilder zeigen eine vorgegaukelte Welt. Die Menschen verfallen zunehmend in Lethargie: "Was soll man schon tun?" Ja, was soll man - sollen die Weißrussen, soll Europa - tun? Die Brücken zum partnerschaftlichen Verhältnis mit der EU sind zerschlagen, Lukaschenko hat sein Land seit den Parlamentswahlen vor bald zwei Jahren weiter isoliert und ist damit zum Herrscher von Putins Gnaden geworden. Ohne die milliardenschweren Kredite und die russischen Aufträge für die ölverarbeitende Industrie würde auch die scheinbar gesetzte Regentschaft Lukaschenkos stark ins Wanken geraten.

Den Weißrussen bleibt der Zynismus. Auch weil die sich teils selbstzerfleischende Opposition keinen Ausweg bietet. Die EU aber darf sich nicht abwenden, darf die Tür nicht zuschlagen und Weißrussland ganz in den Schoß Russlands entlassen. Sie muss weiterhin politische und wirtschaftliche Reformen verlangen. Denn auch Weißrussland ist Europa.

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