Kommentar Karlsruhe und der Datenschutz: Juristischer Weckruf

Das Bundesverfassungsgericht setzt auf die Kontinuität zur eigenen Rechtsprechung. Oberster Bezugspunkt bleibt der Leitgedanke der informationellen Selbstbestimmung, den die Karlsruher Richter ganz in den Mittelpunkt ihres Urteils stellen.

Es besagt nichts anderes, als dass das Individuum selbst autonom entscheiden soll, welche Daten es dem Staat zur Verfügung stellen will. Diese Freiheit findet in Ausnahmefällen ihre Grenzen dort, wo das Interesse der Allgemeinheit entgegensteht.

Dieser Ansatz ist schon im so genannten Volkszählungs-Urteil enthalten. Er stammt aus dem Jahr 1983 - einer Zeit also, in der man das Internet mitsamt seinen datenschutzrechtlichen Konsequenzen noch nicht einmal erahnen konnte. Auf der Basis dieses wahrlich wegweisenden Urteils bewertet Karlsruhe nun die anhängigen Verfahren. Deswegen: Spektakulär ist das Urteil der Verfassungsrichter gewiss nicht. Es ist ein juristischer Weckruf, der punktuell wirkt: Die rot-grüne Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes war schlampig formuliert, weil sie dem Staat den bedingungslosen Zugriff auch auf Passwörter und PIN-Codes möglich machte. Dies widerspricht dem Prinzip des Datenschutzes als Bürgerrecht. Und es muss schleunigst korrigiert werden.

Das Urteil erlaubt keine direkte Antwort auf die Frage, wie die Richter in einem eventuellen Verfahren zur heiß umstrittenen Vorratsdatenspeicherung urteilen. Nur so viel ist klar: Für deren Anhänger würde ein Gang nach Karlsruhe viel Risiko bergen.

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