Kommentar Kämpfe auf dem Sinai - Balanceakt

Die Euphorie ist längst verflogen. Der arabische Frühling hat zwar die Diktatoren aus dem Amt gefegt, doch der demokratische Neuanfang erweist sich fast überall als mühseliges Geschäft.

Vor allem Ägypten taumelt im Machtkampf zwischen Islamisten und der alten Militärclique, die nicht von ihren Pfründen lassen möchte. Dieses Machtvakuum versuchen Extremisten nun zu nutzen. Ihre Terroraktionen richten sich gegen das halbwegs stabile Verhältnis zwischen Israel und Ägypten, seit 1979 geprägt durch das Friedensabkommen von Camp David, gegen Ägyptens islamistischen Präsidenten Mursi, der ihnen nicht radikal genug ist, und natürlich gegen Israel, dessen Existenzrecht sie schlicht leugnen.

Es ist die Vielfalt dieser Ziele, in der zugleich die Chance dieser Krise liegt. Denn es ist das gemeinsame Interesse Israels und Ägyptens, dass es nicht zu einer Eskalation der Situation auf dem Sinai kommt. Die größte Herausforderung lastet dabei auf Mursi. Der Sinai ist zum Nährboden von religiös motivierten Extremisten geworden. Recht und Gesetz spielen dort jenseits der Touristenhochburgen schon lange keine große Rolle - seit dem Sturz Mubaraks aber scheint der Staat die Kontrolle endgültig verloren zu haben.

Mursi muss das ändern. Er muss den Menschen, vor allem den jungen Beduinen, die für ihr Leben keine Zukunft sehen, wieder Hoffnung geben, und er muss die sicherheitspolitische Kontrolle über den Sinai zurückgewinnen. Dazu ist er auf die Unterstützung des Militärs angewiesen. Der Balanceakt muss Mursi gelingen, wenn er politisch überleben will.

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