Kommentar Griechenland und der Euro - Neue Chance für Athen

Manch ein Finanzminister der Euro-Zone mag sich daran erinnert haben, dass in der griechischen Götterwelt ausgerechnet ein gewisser "Chaos" am Anfang der Entwicklung stand. Drei Jahre, nachdem der Athener Ministerpräsident Antonis Samaras ein gewaltiges Haushaltsdefizit einräumen musste, steht das Land noch immer am Rand des Abgrunds.

Ob diese Gefahr mit dem Maßnahmenpaket aus Brüssel gebannt ist, wird niemand sagen können. Aber die 17 Euro-Finanzminister sowie die Chefin des IWF und der Präsident der Europäischen Zentralbank haben wirklich alle Register gezogen, um Athen und der gesamten Währungsunion zu helfen.

Ja, Griechenland hat sich den Auflagen der Troika gebeugt. Aber darum ging es längst nicht mehr. Was jetzt anstand, war die Stabilisierung, um einen Flächenbrand und einen elementaren Vertrauensverlust gegenüber den heimischen Wählerinnen und Wählern zu verhindern. Schließlich hatte man denen doch immer versprochen, die Stützung Athens werde nichts kosten, man bürge ja nur. Ein Schuldenschnitt hätte entlarvt.

So birgt das Paket viele finanztechnische Tricks, deren wichtigste Gemeinsamkeit ist, dass kein drittes Hilfspaket nötig wird, weil Athen die Schuldenlast in der ursprünglich vorgesehenen Zeit nicht abbauen kann. Was nun auf dem Tisch liegt, ist realistisch, machbar und vertretbar.

Es schmälert die Gewinne der Geberländer, die bisher an der Rettung der Hellenen gut verdient haben. Aber es gibt den Betroffenen eine reelle Chance, wieder auf die Beine zu kommen. Trotzdem werden die Kritiker zahllose Ansätze finden, um die Maßnahmen zu hinterfragen. Schließlich funktioniert der Fahrplan zur finanziellen Eigenständigkeit nur dann, wenn die Konjunktur anzieht.

Dennoch ist es gelungen, alle Beteiligten im Boot zu halten, vor allem den Internationalen Währungsfonds. Dessen Gewicht zählt gegenüber den Anlegern und Geldgebern fast mehr als die fünf Milliarden, die Washington Anfang nächsten Jahres nach Athen überweisen wird.

Zugleich hat man es geschafft, den oft zitierten Druck auf die Regierung von Antonis Samaras aufrecht zu erhalten. Unterm Strich dürfen somit alle Beteiligten zufrieden sein, auch wenn in den Heimatländern der Minister die Oppositionsvertreter pflichtgemäß maulen. Der Schuldenschnitt und damit der Verlust vieler Milliarden Euro sind noch nicht vom Tisch.

Aber trotzdem war dieses Finanzpaket das Beste, was man jetzt hätte schnüren können. Athen ist wieder flüssig, was vor allem bedeutet: Man kann den Menschen Löhne und Renten zahlen. Und die Geber bleiben flüssig, weil sie kein frisches Geld in die Hand nehmen müssen. Jetzt ist Athen wieder an der Reihe. Es muss zeigen, dass es aus der ausgestreckten Hand der Euro-Partner auch wirklich eine neue Zukunft gestalten kann.

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