Kommentar Griechenland - Luft zum Atmen

Die einen nennen es offen "Erpressung". Andere schimpfen über eine Taktik des "Drohens, Tricksens und Täuschens". Aber alle sind erstaunt wegen der neuen Töne aus Athen, wo die Regierung über das Ende des Lebens unter dem Rettungsschirm orakelt.

Zwar ist nicht zu bestreiten, dass einige Indikatoren nach Jahren im freien Fall erstmals wieder nach oben zeigen. Aber dass daraus das Ende der Alimentierung durch die Euro-Partner abzuleiten wäre, will niemand so recht glauben.

Tatsächlich versucht sich die Regierung Samaras darin, Optimismus zu verbreiten. Die Botschaft "Wir können das schaffen" soll ankommen und die Wähler davon abhalten, bei den anstehenden Urnengängen insbesondere für das Europäische Parlament nach links oder rechts abzudriften. Dass man dieses Menetekel heraufbeschwört, um einen Kahlschlag bei der Schuldenlast zu schaffen, ist offensichtlich.

Aber so falsch nicht. Denn dass Griechenland seine Verschuldung von 175 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung aus eigener Kraft abtragen kann, ist illusorisch. Doch nach dem ersten Schnitt, den private Gläubiger schultern mussten, würde ein zweiter die öffentlichen Geldgeber treffen - und damit die Bürger in den Euro-Staaten. Eine solche Botschaft zu Hause vertreten zu müssen, scheuen die Regierungen der Währungsunion mit Recht.

So bleiben nur eher symbolhafte Hilfestellungen wie eine Verringerung der Zinsen und eine Verlängerung der Rückzahlungsfristen bis zum Sankt-Nimmerleinstag. Das ist kaum weniger schwer zu ertragen. Dennoch: Dieser Weg wäre weitaus billiger als ein Austritt des Landes aus der Euro-Zone. Mit diesen Folgen zu drohen, mag nicht unbedingt die feine Art unter Freunden einer Währungsgemeinschaft sein. Aber die Familie muss wohl verstehen, dass sie die Hellenen kaum weiter mit Reformauflagen drangsalieren kann.

Ein Land, in dem mehr als jeder zweite Bürger unter 24 Jahren keinen Job mehr hat, in dem jeder vierte Erwerbsfähige keine Arbeit findet und in dem die Wirtschaft in den vergangenen fünf Jahren um 40 Prozent eingebrochen ist, kann nicht mehr einbringen. Zumal die Versprechungen, mit einem Wachstumspakt die wirtschaftliche Struktur neu entstehen zu lassen, bisher nicht eintraten. Man muss sich fast wundern, dass es überhaupt noch einen Staat Griechenland gibt.

Natürlich werden die Euro-Partner den Hellenen nicht jeden Reformdruck ersparen. Aber es lohnt sich durchaus zu überlegen, ob nicht etwas mehr Spielraum mehr Erholung des ausgemergelten Landes ermöglichen könnte. Den Kniffen, die die griechische Regierung nutzt, um den Auflagen der Troika auszuweichen, steht die Langsamkeit der EU und ihrer Euro-Partner bei der Umsetzung von Wachstumsprogrammen in nichts nach.

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