Gipfel von Minsk - Mit Beharrlichkeit
Die Ungeduld ist groß. DieÖffentlichkeit in Europa mag diesen unerklärten Krieg in der Ukraine nicht. Sie will das Gefühl der latenten Bedrohung schnell loswerden. Das ist der Nährboden für ein starkes Gefühl: Die Politik sei letztlich untätig und zahnlos.
Das Haus des Nachbarn brennt, niemand löscht und die Brandstifter stehen grinsend am Tatort. Das ist schwer auszuhalten. Die Ungeduldigen sind in den vergangenen Wochen lauter geworden. Sie fordern Härte: Putin gehöre in die Schranken gewiesen. Man dürfe nicht den gleichen Fehler machen wie 1938 die britische Regierung gegenüber Hitler. Waffenlieferungen seien ein probates Mittel, der Ukraine zu helfen. Und die Militärexperten zählen schon mal die Panzer.
Das klingt alles nach Handlungsfähigkeit und schneller Lösung, ist jedoch viel zu kurz gesprungen. Wer damit liebäugelt, gerät rasch in eine Logik, die in einen Krieg mündet. Eine solche Auseinandersetzung kann der Westen gar nicht führen, selbst wenn er es wollte. Ihm fehlen dafür die militärischen Mittel und viele Voraussetzungen. Während die Russen immer nah dran sind, sind die westlichen Streitkräfte immer weit weg.
Selbst bei Waffenlieferungen wäre der Westen beständig zweiter Sieger. Wer so argumentiert, begibt sich damit letztlich auf ein Spielfeld, das Putin anbietet, und das er sehr viel besser beherrscht als seine Gegner. Putins Strategie ist nachvollziehbar: Wenn er die Ukraine selbst nicht beherrschen kann, dann will er das Land so destabilisieren, dass es als Partner des Westens ausfällt. So hat er es in Georgien gemacht oder auch in Moldawien. Solange dieses Ziel nicht erreicht ist, wird er keine Ruhe geben und Abkommen sind vermutlich wenig wert.
Doch was bringen dann Verhandlungen wie die in Minsk? Vielleicht wenig, aber vielleicht auch viel, denn dem Westen bleibt gegenüber Russland und im Umgang mit der Ukraine nur die lange Strecke: Sanktionen, Handelsbeschränkungen, finanzielle Druckmittel brauchen Zeit, um wirksam zu werden. Dass sie wirken, ist unbestritten. Als zweiter Punkt ist es wichtig, die Ukraine mit allen Mitteln wirtschaftlich und politisch zu stützen. Das verhindert den beabsichtigten Absturz des Landes. Es darf nicht zu einem gescheiterten Staat werden. Das wird viel Geld kosten.
Der dritte, aber wichtigste Beitrag sind Verhandlungen. Ganz gleich, wie der Konflikt begann und wer Schuld hat; ganz gleich, ob man Putin versteht oder nicht: Es muss ein Kompromiss gefunden werden, der allen Parteien ermöglicht, weiterzuleben und das Gesicht zu wahren. Das ist eine mühsame, oft frustrierende und bisweilen undankbare Angelegenheit.
Die Öffentlichkeit muss daher schnell lernen, mit der Unsicherheit zu leben und Rückschläge zu ertragen. Eilige Lösungen sind gefährlich, Beharrlichkeit ist sicherlich der bessere Weg.