Kommentar Explodierende Strompreise - Akzeptanznöte

Im Jahr zwei der schwarz-gelben Energiewende droht Angela Merkels Projekt in eine Akzeptanzkrise zu kommen. Die Bundeskanzlerin hatte noch im Sommer 2011 versprochen, dass die von den Stromkunden zu zahlende Ökostromumlage nicht teurer werde.

Am Montag werden wir es offiziell erfahren: Weil immer mehr Windkrafträder und Photovoltaikanlagen installiert werden, dürfte die Umlage im nächsten Jahr um nochmals 50 Prozent steigen. Für die Verbraucher bedeutet das, dass sie 2013 weit mehr als 20 Milliarden Euro allein für erneuerbare Energien zahlen müssen.

Der Appell von Umweltminister Peter Altmaier, dass jedes Jahr künftig Hunderttausende Privathaushalte kostenlose Energieberatung bekommen sollen, um Stromsparen zu lernen, wirkt da recht hilflos. Wo bleiben die Anreize, weniger Elektrizität zu verbrauchen, wenn die Einsparungen durch höhere Strompreise zunichte gemacht werden?

Zumal stromsparende Geräte dazu verführen, sie gar nicht abzuschalten, weil sie im Verbrauch so billig sind. Die bittere Erkenntnis ist: Noch wächst der Stromverbrauch der Haushalte kontinuierlich, auch weil wir immer mehr technische Geräte benutzen. Längst bleibt es nicht bei einem Handy, folgen auf den PC der Laptop, das Ipad und der E-Reader.

Die flächendeckende Energieberatung kann nur ein Baustein sein, um aus der Kostenfalle herauszukommen. Die Politik muss sich an die Ökostromumlage heranwagen. Mit einem Reförmchen ist es nicht mehr getan. Die Preisgarantie für die Ökostromproduzenten war wichtig, um den Ausbau der erneuerbaren Energien ans Laufen zu bringen.

Das deutsche Modell ist zum Exportschlager geworden, viele Länder haben diese Art der Ökostromförderung übernommen. Die Behauptung der FDP, dass ein Quotenmodell günstiger für die Verbraucher wäre, hält näherer Überprüfung nicht stand.

Aber es gibt falsche Mechanismen. So sinkt der Strompreis an der Börse, gerade weil immer mehr Ökostrom auf den Markt drängt. Der sinkende Erlös für die Verkäufer führt dazu, dass die Umlage steigt, denn die Produzenten müssen ja die vereinbarte Vergütung bekommen.

Irrwitzigerweise steht ihnen die Vergütung auch zu, wenn die Windkraftanlagen abgeschaltet werden müssen, weil zu viel Strom vorhanden ist und die Netze nicht mehr aufnehmen können. Auch diese Ausfallkosten werden regional auf die Verbraucher umgelegt.

Und schließlich die Ausnahmen von der Umlage für die Industrie. Nicht nur verteuern sie um mehrere Milliarden Euro die Kosten für die anderen Stromkunden. Sie sind auch kein Anreiz für mehr Stromeffizienz. Unternehmen, die sparen, müssen möglicherweise die Umlage voll zahlen, weil sie unter die Verbrauchsobergrenzen rutschen. Altmaier hat viel zu tun.

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