Kommentar EU und Türkei - Noch komplizierter

Der Brüsseler Gipfel zur Flüchtlingsproblematik hat den türkisch-europäischen Beziehungen neue Impulse gegeben.

Nach langem Stillstand erhält Ankara wieder die Chance auf eine Fortsetzung der vor zehn Jahren begonnenen Beitrittsverhandlungen und kann sicher sein, mit zwei regelmäßigen Spitzentreffen jedes Jahr im Dialog mit der EU zu bleiben. Europa hat die Zusage der Türkei gewonnen, den Flüchtlingszustrom in die EU zu begrenzen. Doch die unterschiedlichen Ziele der beiden Partner bleiben bestehen und dürften noch für so manchen Streit sorgen.

Der wichtigste Interessensunterschied ist, dass es der EU um die Flüchtlinge geht, der Türkei aber um politische Zugeständnisse Europas. Ab jetzt sind beide Themenkomplexe eng miteinander verbunden. Probleme in einem Bereich können sofort auf den anderen durchschlagen. Ein Beispiel: Sollte die EU die in Aussicht gestellte Reisefreiheit für Türken im kommenden Jahr nicht einführen, könnte die türkische Regierung ihre Zusagen in der Flüchtlingsfrage aufkündigen. Wäre das Erpressung? Nein, nur Politik. Aber die türkisch-europäische Politik ist noch komplizierter geworden, als sie schon vorher war.

Außerdem will die Türkei nicht attraktiver für weitere Flüchtlinge werden - obwohl die EU genau das erreichen möchte. Wenn die Türkei mit dem Geld der EU neue Schulen für Flüchtlingskinder baut und andere Maßnahmen ergreift, um das Schicksal von Flüchtlingen in der Türkei zu verbessern, dann riskiert sie damit, zum Anziehungspunkt für weitere Flüchtlinge von Nordafrika bis Pakistan zu werden.

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