Kommentar Die SPD und der Kandidat - Steinbrücks Zügel

Der Kandidat tritt auf die Euphoriebremse: Steinbrück will zwar in den ersten Tagen nach der Nominierung zum SPD-Kanzlerkandidaten Pflöcke einschlagen, wo er nur kann. Aber er denkt strategischer: Denn Freudentaumel und Begeisterung für den Kandidaten halten sich in überschaubaren Grenzen.

Zwar ist das Nominierungsvotum einstimmig zu Gunsten des konservativen Hanseaten gelaufen. Aber Steinbrück muss sich beherrschen: Die Partei-Linke, deren Bedeutung im innerparteilichen Machtgefüge so groß allerdings nicht mehr ist, wies den Kandidaten schon darauf hin, dass nur ein stark sozial geprägtes Programm für breite Teile der Basis akzeptabel sei.

Das geht dem Politiker, der sich mit dem Hartz-Projekt offen identifiziert, dann doch zu weit. Steinbrück will sich selbst treu bleiben - als Kandidat der Mitte. Und das ist anerkennenswert.

Wie steinig der Weg zum Kanzleramt ist, macht die erneut vertagte Rentendebatte deutlich. Parteichef Gabriel beginnt bei der Frage des Rentenniveaus einzuknicken. Die Partei will nicht freiwillig in einen Wahlkampf ziehen, um Renteniveau-Einschnitte gegenüber den rund 20 MillionenRentnern - die größte gesellschaftlichen Lobby-Gruppierung - verteidigen zu müssen.

Andererseits darf man vor dem Hintergrund der dramatischen demografischen Entwicklung in Deutschland wie auch im EU-Raum keine Realitätsverweigerung betreiben. Dass die SPD ihre Entscheidung erst auf einem kleinen Parteitag treffen wird, zeigt, wie unklar die Fronten in sozialpolitischen Fragen sind. Steinbrück wird sich auch zügeln müssen.

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