Kommentar Die Qual mit der Moral

Rom · Es ist keine Überraschung, dass die meisten Katholiken nicht streng nach den Moralvorstellungen der Glaubenswächter im Vatikan leben. So geht es aus der Umfrage hervor, die Papst Franziskus vor Monaten in Auftrag gegeben hat.

Er wollte sich im Hinblick auf die Bischofs-Synode zur "Familienseelsorge" ein Bild davon machen, wie die katholische Basis in der ganzen Welt denkt und lebt. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Lateinamerika, Asien und Afrika. Das Ergebnis: Theorie und Praxis in der katholischen Kirche haben beim Thema Sexualität nichts miteinander zu tun.

Die Umfrage-Ergebnisse vor allem aus Westeuropa, die nun im Vatikan eingegangen sind, haben vor allem einen Effekt. Ganz ignorieren kann die Kirche die Ansichten ihrer Mitglieder nicht mehr. Sie halten in überwiegender Mehrheit den Kurs des Vatikans in den Fragen Sexualität, Verhütung, Homosexualität, aber auch bei der Verweigerung der Kommunion für Wiederverheiratete, für falsch oder unrealistisch. Die meisten Gläubigen und manche Pfarrer fühlen sich nicht einmal an die Vorgaben aus Rom gebunden. Diese Kluft wird sich vergrößern, sollten die Bischofsversammlungen in diesem Herbst und im kommenden Jahr nicht auf die gelebte Realität von 1,2 Milliarden Katholiken weltweit eingehen.

Der Vatikan muss reagieren, wenn er in der Glaubenskrise nicht noch zusätzlichen Einfluss verlieren will. Das bedeutet freilich nicht, dass künftig die katholische Lehre zu Ehe und Sexualität auf den Kopf gestellt werden wird.

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