Kommentar Die Neuausrichtung der Bundeswehr - Ein großes Rad

Verlangt er zu viel? Tut er zu wenig? Oder trifft er genau das richtige Maß? Thomas de Maizière hat das Amt, er hat die gebündelte (und sich manchmal selbst blockierende) Kompetenz eines Riesenapparates und er hat die Last. Der Verteidigungsminister soll die Bundeswehr neu aufstellen.

Er soll die Truppe ausrichten für die vorhersehbaren und die wahrscheinlichen Aufgaben der Zukunft und dabei auch das Rüstzeug für unerwartete Herausforderungen gleich mitliefern. Diese Neuausrichtung der Streitkräfte ist eine Mammutaufgabe. Eine Neuausrichtung, die diesen Namen verdient, wäre etwas anderes als die Reform der vorhergehenden Reform.

De Maizière kann sich getrost daran messen lassen. Die Aufgabe der Neuaufstellung der Bundeswehr hat de Maizière von seinem Vorgänger im Amt, dem steil aufgestiegenen und ebenso tief gestürzten Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), übernommen. Guttenberg hat - mit stiller Billigung der Bundeskanzlerin - etwas eigentlich Unglaubliches geschafft.

Er hat ein jahrzehntelanges Tabu gebrochen und der Bundeswehr den Kern ihres Wesens, die Wehrpflicht, entrissen. Spätestens damit war der Weg einer Armee vorgegeben, die sich in Zeiten globaler Risiken und Gefahren zu einer Armee im Einsatz wandelt. Eine Freiwilligenarmee - deutlich kleiner, schneller und flexibler als die bisherige Wehrpflichtarmee und dabei weiter in der Gesellschaft verankert.

Die Bundeswehr mit ihren Soldatinnen und Soldaten wie ihren zivil Beschäftigten ist eine große Firma. Rund 300 000 Bedienstete. Wenn für ein Unternehmen dieser Größe eine Reform, erst recht eine Neuaufstellung angeordnet wird, murrt der Apparat. Das ist normal, weil es allzu menschlich ist, auf abverlangte Veränderungen mit Abwehr zu reagieren. Standortschließungen, unerwünschte Versetzungen, Auslandseinsätze mit zu kurzen Stehzeiten zu Hause, Beförderungsstau, kurz: Frust.

All dies muss einen Verteidigungsminister beschäftigen. Allerdings muss er gleichzeitig auch ein sehr großes Rad drehen. De Maizière hat die Neuaufstellung der Bundeswehr, die der Truppe die Durchhaltefähigkeit für Missionen in mehreren Einsatzgebieten gleichzeitig bringen soll, mit kühler Konsequenz betrieben. Wie entschlossen er die den Umbau angehen würde, machte er nur kurz nach Amtsantritt deutlich, als er Parallelstrukturen in der Führung, zu viele Stäbe und auch zu viele Generalssterne öffentlich anprangerte.

Jetzt hat de Maizières bislang makelloses Image erste sichtbare Kratzer abbekommen. Eine Pleite wie beim geplanten Kauf der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk", bei der sein Apparat eine dreistellige Millionensumme verbrannt hat, darf sich nicht wiederholen. Effiziente Verfahren sind Teil dieser Neuaufstellung sein. Das ist ein Minister-Wort. Es muss gelten.

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