Kommentar Die Krise in der Ukraine - Ohnmacht an Ostern

Es hätte so schön gepasst: Ostern, Fest der Auferstehung. Neubeginn. Frieden in der Ukraine. Doch das ist blauäugiger Optimismus und übertriebene Symbolik.

Was Gründonnerstagabend in den Gesprächen zwischen Russland, den USA, der Ukraine und der EU möglich wurde, ist nicht das Wunder von Genf, sondern bestenfalls ein klitzekleiner Funke Hoffnung darauf, dass eine weitere Eskalation in diesem Land verhindert werden kann.

Wie wenig der Beschluss zur Deeskalation der Beginn einer Lösung der Krise ist, zeigen die Reaktionen darauf. Während Russlands Außenminister in Genf das Ergebnis verkündet, macht sein Präsident die Amerikaner und den Westen in seinem Fernsehen lächerlich. Und US-Präsident Barack Obama feiert keinen Erfolg seiner Diplomatie, sondern gibt sich betont skeptisch. Dazu hat er allen Grund.

Denn die Krise im Osten Europas schwelt weiter. In jeder Beziehung. Die Separatisten machen keine Anstalten, sich entwaffnen zu lassen (und in Genf ist nichts dazu vereinbart worden, wie das gehen soll). Das heißt: Die Ukraine ist weiter im freien Fall, die innere Einheit dieses Landes ist - wenn es sie denn je gab - längst dahin. Auch ohne russischen Einfluss.

Aber diesen Einfluss, diesen Druck gibt es weiterhin. Wladimir Putin nimmt sich, was er bekommen kann. Und er hat leichtes Spiel. Man muss nur wenige Wochen zurückschalten, als es um die Krim ging. Ein inszeniertes Referendum genügte, um die Halbinsel (zurück) nach Russland zu holen, ein scheinheiliges Spiel mit Demokratie und Hilfsersuchen, so wie es jetzt in der Ostukraine wieder auflebt. Bei der Krim schaute der Westen zu - in der Hoffnung, anschließend würde Putin Ruhe geben. Tat er aber nicht. Dass dadurch die Angst vor Russland in den baltischen Staaten, in Polen und Rumänien wächst, ist eine weitere, beunruhigende Folge.

Die Ratlosigkeit ob des russischen Vorgehens ist allenthalben mit Händen zu greifen. Die militärische Option darf keine sein, weshalb die Demonstration von Nato-Stärke in Russlands westlichen Nachbarländern kaum Wirkung in Moskau zeigt. Eine diplomatische Lösung kann nur funktionieren, wenn sich alle Beteiligten an die Spielregeln halten. Genau das aber tut Putin nicht. Er verhöhnt die, die Verhandlungspartner sein müssten. Tut so, als handele er nach Recht und Gesetz, weil seine pseudodemokratischen Organe ihn zum Eingreifen in der Ukraine ermächtigt hätten. Das weckt schreckliche Erinnerungen.

Die Welt war schon einmal weiter. Das ist die bittere Erkenntnis an diesem Osterfest. Wenn der Gewaltverzicht nicht mehr Überzeugung aller ist, wenn Verhandlungen nicht mehr dem fairen Interessenausgleich dienen, dann hat die Diplomatie kaum noch eine Chance.

Trotz des kleinen Signals von Genf, trotz Ostern.

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