Kommentar Der Flughafen-Streit - Grauenhaft

Eins ist klar: Klaus Wowereit ist als Regierender Bürgermeister nicht mehr zu halten. Er hat - abseits von allen konkreten Versäumnissen im BER-Aufsichtsrat - nämlich für eine nie für möglich gehaltene Demütigung des Ansehens der Bundeshauptstadt gesorgt.

Das heißt: Er hat sein Sieger-Image verloren. Seine oft mitreißenden Redebeiträge auf bundes- und landespolitischer Ebene werden nicht mehr ernst genommen.

Mehrere Faktoren sichern dem Regierenden zumindest vorerst den Verbleib in seinem Amt. Die bevorstehende Landtagswahl in Niedersachsen verhinderte kurzfristige Reaktionen. Es hätte zu viel innenpolitischen Wirbel ausgelöst, wenn Wowereit zu Wochenbeginn seinen Hut genommen hätte.

Die ohnehin schwindende rot-grüne Außenseiter-Chance für einen Wechsel in Niedersachsen wäre endgültig vergeben. Viel spricht dafür, dass auch die Bundestagswahlen abgewartet werden, bevor es zu einer Trennung mit Wowereit kommt. Diese lange Wartezeit hat auch einen anderen Grund: Die Landes-SPD hat erst kürzlich einen Macht-Wechsel in der Parteispitze erlebt.

[kein Linktext vorhanden]Den neuen Vorsitzenden, Jan Stöß, kennt außerhalb der Partei kaum jemand. Er warf den lange amtierenden Stadtsenator Michael Müller - einer der engsten Vertrauten Wowereits - aus dem Rennen. Finanzsenator Ulrich Nußbaum taugt deshalb nicht zum SPD-Spitzenkandidaten, weil er kein Parteibuch hat.

Ein solch schwaches Personal-Tableau erzeugt eine kräftige politische Beißhemmung, die sich erst im Herbst nach den bundesweiten Wahlen auflösen wird. Einen Vorteil hat die Übernahme des Aufsichtsrates für Matthias Platzeck: Er ist durch sein Krisenmanagement bei der Oder-Flutwelle bekannt geworden.

Nun lässt sich die Bewältigung von Naturkatastrophen mit politischen Desastern und deren Eindämmung nur schwer vergleichen. Der brandenburgische Ministerpräsident, der im BER-Aufsichtsrat alle Planungs-Fehlentscheidungen abgenickt hat, hat nichts zu verlieren, denn schlimmer kann es nicht mehr kommen.

In jedem Fall genießt Platzeck - verglichen beispielsweise mit der Berliner Wowereit-SPD - erheblich größeren Rückhalt in seiner Partei. Die Bundesregierung sollte sich ihrerseits jedes kritische Wort über die Arbeit an dem Flughafen zweimal überlegen. Denn der Bund hat als - kleinerer - Anteilseigner alle Entwicklungen sehenden Auges akzeptiert.

Der zuständige Minister Ramsauer hat es nicht für nötig befunden, an den Krisensitzungen teilzunehmen, die den ganzen Umfang der "grauenhaften" Zustände offenbarten. Ein Minister, der bei jeder Wiedereröffnung sanierter Autobahn-Abschnitte vor die Kameras drängt und zu den politisch brisanten Terminen lediglich beamtete Staatssekretäre schickt, agiert zumindest extrem ungeschickt.

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